Häufig kann man in Fachbüchern oder auch Artikeln zum Thema Projektmanagement die Wortkombination „die Methode Projektmanagement“ oder auch „Projektmanagement als Methode“ lesen. Dies ist meines Erachtens nicht ganz korrekt.
Denn Projektmanagement ist keine Methode, sondern eine Methodik. Und eine Methodik wiederum kann wie folgt definiert werden (Keßler/Winkelhofer 2004, S. 176):
„Eine Methodik ist eine festgelegte Arbeitsweise, die Modelle, Standards, Methoden, Verfahren, Instrument, Hilfsmittel, Prozeduren und Regeln enthält.„
(Grafik basierend auf Keßler/Winkelhofer 2004, S. 175)
Eine Methode ist entsprechend „nur“ ein Teil einer Methodik. Die Methodik ist somit die Logik des Vorgehens oder auch die Systematik in einem oder auch in mehreren Projekten.
Ist das überhaupt für die Praxis wichtig – oder nur eine sinnlose Diskussion von Theoretikern? Ich finde, dass diese Diskussion für die Praxis sehr wohl relevant ist. Denn erfolgreiches Projektmanagement in der Praxis hängt wesentlich von der Wahl der richtigen sprich geeigneten Methodik ab. Und hierbei ist wichtig klarzustellen, dass es DIE richtig Methodik nicht gibt. Vielmehr muss man für den jeweiligen Anwendungsfall eine geeignete Methodik finden bzw. sie sich zurecht legen.
Aber was ist eine PM Methodik konkret? Für mich besteht eine moderne PM Methodik insbesondere aus folgenden Bausteinen:
1) Einheitlicher Projektmanagement Prozess
2) Projektprozesse und Vorgehensmodelle
3) Methoden, Instrumente, Tools, Checklisten etc. im Detail
Der Projektmanagement Prozess ist der generelle, übergeordnete Managementprozess für Projekte. In der Literatur findet man hierzu unterschiedliche Modelle. Ich bevorzuge das Modell der „Project Management Process Groups“ nach PMI: Initiating, Planning, Executing, Controlling & Monitoring, Closing. In jedem Fall sollte ein PM Prozessmodell auf einem dynamisch-iterativen Verständnis von Projektmanagement beruhen (sprich rollierende, sich wiederholende Prozesse).
Die Projektprozesse / Vorgehensmodelle werden für spezifische Projektarten definiert. So macht es beispielsweise Sinn, für IT-Projekte, Bauprojekte, Produktentwicklungsprojekte etc. möglichst sinnvolle Projektprozesse zu definieren. Diese bestehen im Wesentlichen aus standardisierten Phasen, die durch Meilensteine (Stop-or-Go-Punkte) abgeschlossen werden. Beispiele für Projektprozesse / Vorgehensmodelle, die häufig angewendet werden: Wasserfallmodell, Stage-Gate-Modelle, Rational Unified Process (RUP), HOAI-Phasen etc.
An die PM-Prozesse und Projektprozesse werden schlussendlich die konkreten Methoden, Instrumente, Hilfsmittel etc. „angehängt“.
Ergänzt um weitere firmenspezifische Regelungen und relevante Informationen kann die PM Methodik dann in einem firmen- oder bereichsspezifischen PM Handbuch, einem PM Wiki oder auch einem PM Portal festgehalten werden. Eigentlich egal, wo und wie sie die Methodik festhalten, Hauptsache sie ist dokumentiert, pragmatisch, sinnvoll, verständlich und mit den Betroffenen abgestimmt.
Modernes Projektmanagement ist pragmatisch, prozessorientiert, systematisch und kommunikationsgetrieben.
Hallo Stefan,
ein spannender Beitrag, dem ich größtenteils zustimme. Einen Punkt möchte ich dennoch kommentieren:
Du sagst: „..eine moderne PM Methodik [besteht] insbesondere aus folgenden Bausteinen:
1) Einheitlicher Projektmanagement Prozess
2) Projektprozesse und Vorgehensmodelle
3) Methoden, Instrumente, Tools, Checklisten etc. im Detail“
Auch diesem Zitat stimme ich zu. Ich schlage jedoch vor, diese Liste um einen Punkt zu erweitern:
0) Definiertes Projektmanagement Prozessmodell
Warum ist dieser Punkt wichtig:
Damit eine Organisation einen sinnvollen einheitlichen Projektmanagement Prozess etablieren kann, muss sie sicherstellen, dass dieser ein „guter“ Prozess ist. Die Güte des Prozesses kann dabei nach verschiedenen Merkmalen bewertet werden. Beispielsweise ergäbe sich ein Gütemaß aus der Wirtschaftlichkeit, mit der Teilergebnisse des Prozesses erreicht werden können (wie lange braucht es, um eine bestimmte Tätigkeit zu verrichten und rechtfertigt das Ergebnis den Aufwand).
Ein weiteres – für mich wichtiges – Merkmal zur Bestimmung der Güte ist die Übereinstimmung des Prozesses mit allgemein anerkannten Anforderungen an den Prozess. Diese werden in der Regel in Prozessmodellen beschrieben und bilden juristisch den anerkannten Stand der Technik. Ein guter Prozess sollte die anerkannten Regeln der Technik beachten.
Typische Vertreter solcher Modelle sind in meinem beruflichen Kontext: für das Software-Engineering CMMI, SPICE, automotive SPICE, SPICE for Space, MediSPICE. Aber auch Standards der funktionalen Sicherheit nach IEC 61508, DO 178B (Luftfahrt) und demnächt ISO 26262 (Automobilbereich) zähle ich hierzu.
Sie alle formulieren Anforderungen an konkrete Prozesse. Ein guter Prozess sollte die Anforderugnen der für ihn relevanten Prozessmodelle erfüllen. In der Automobilbranche wird beispielsweise ab voraussichtlich 2012 die ISO 26262 ein notwendig zu beachtendes Prozessmodell sein.
Was denkst Du? Würdest Du Deine Liste um diesen Punkt erweitern? Reicht meine Argumentation aus?
Beste Grüße,
Thomas