(Bilderquelle: PMAktuell)
Projekte sind komplexe, sozio-technische Systeme. Ein/e Projektmanager/in sollte in der Lage sein, solche komplexen Systeme professionell zu gestalten und zu lenken. Die Grundvoraussetzungen hierfür sind einerseits Erfahrung im Umgang und in der Führung von Menschen, andererseits hilft es aber auch ungemein, ein theoretisches Grundwissen (oder auch mehr) zur Funktionsweise sozialer Systeme zu haben.
Aber was sind Systeme eigentlich genau? Systeme können wie folgt definiert werden:
- Ein System besteht aus unterschiedlichen Systemelementen.
- Diese Elemente stehen in Beziehung zueinander und beeinflussen sich wechselseitig.
- Ein System ist gegenüber seiner Umwelt / seines Umfeldes abgrenzbar (Systemgrenzen).
- Man kann grundsätzlich zwischen der Makro– (System als Ganzes) und der Mikroebene (Betrachtung der einzelnen Systemelemente und Verbindungen) von Systemen unterscheiden.
- Struktur, Eigenschaften und Verbindungen/Wechselwirkungen der Elemente bestimmen im wesentlichen das Systemverhalten (welches wiederum häufig nur schwer erklärbar – geschweige denn prognostizierbar ist).
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Die Systemelemente eines Projekts sind idR die handelnden Personen (Kunde, Auftraggeber/in, Projektleiter/in, Teammitglieder, Lieferanten etc.) sowie alle technischen, sachlichen, rechtlichen, räumlichen und sonstigen Einflussfaktoren und Rahmenbedingungen.
In der Projektmanagement-Theorie gibt es eine Methode, die ihren Ursprung im systemischen Verständnis von Projekten hat, nämlich die Kontextanalyse (auch Umfeld- oder Umweltenanalyse genannt). Die Kontextanalyse wird in der Regel nach drei Betrachtungsdimensionen durchgeführt:
- zeitlich: Was geschah vor dem Projekt? Wie sah die Welt vor dem Projekt aus? Was soll nach der Beendigung des Projekts passieren? Wie sieht die Welt nach dem Projekt aus?
- sachlich: Welche sachlichen Einflussfaktoren, Rahmenbedingungen und Trends sind für das Projekt von Bedeutung?
- sozial: Welche Personen und/oder Personengruppen haben ein Interesse an dem Projekt? Wer beeinflusst das Projekt oder wird von dem Projekt tangiert? –> Stakeholder-Analyse
Ich persönlich mache die Kontextanalyse meist mittels MindMapping. Hier ein praktisches Beispiel:
Eine derartige Kontextanalyse kann wichtige Aufschlüsse über die relevanten Einflussfaktoren des Projekts geben. Zusätzlich bildet sie auch die Grundlage für weitere, vertiefende Planungsschritte (gerade bei sehr komplexen Projekten). Beispiele:
- Chancen- und Risikoanalysen
- Kommunikationsstrategie, Kommunikationsplan, Projektmarketing
- weitere systemische Analysen des Projekts (z.B. mittels der Methode des vernetzten Denkens)
- etc.
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Beispiel: Vertiefende systemische Analyse eines Projektkontextes
Sehr guter Artikel! Sie schreiben: „… andererseits hilft es aber auch ungemein, ein theoretisches Grundwissen … zur Funktionsweise sozialer Systeme zu haben“. Meiner Meinung nach „hilft“ das nicht bloss, sondern ist notwendige Voraussetzung für das Abwickeln komplexer Projekte. Dabei genügt es jedoch nicht, ein theoretisches Grundwissen von Systemen zu haben. Ein Projektmanager muss in Systemen, Feedbackschlaufen und Modellen denken. Nur so kann er erfolgreich mit der zunehmenden Komplexität umgehen.
I fully agree! 🙂
Es ist sehr interessant die Kontextanalyse auch mal aus der Sicht des Projektmanagements zu sehen. Im IT-Produktmanagement gestalltet sich dies sehr ähnlich. Die Punkte des Nutzungskontextes, welche Sie als „zeitlich“, „sachlich“ und „sozial“ benennen sind bei User Experience Projekten ebenfalls von enormer Bedeutung. Wir sprechen dabei jedoch eher von Zielerreichung, Aufgabenerledigung, Nutzungssituation und Usereigenschaften. Wie das sich konkret darstellt haben wir in unserem Blog erläutert.