Es lebe hoch, das Kästchendenken!

(Pixelio.de)

Ich bin immer wieder verwundert, wie tief bei vielen Menschen immer noch ein „funktional-hierarchisches Kästchendenken“ verankert ist. Fachabteilungen und -bereiche, Ober- und Untergebene, Hierarchiestufen, Befehl und Gehorsam, sich „hoch-arbeiten“ – darum geht’s in den meisten Unternehmen – immer noch. Von modernen, dynamischen, stärker prozess- und projektorientierten Strukturen und Kulturen oft keine Spur.

Wie äußert sich das?

  • dicke Mauern zwischen den Abteilungen –> Pfründe und Machtverhältnisse werden immer wieder neu verteidigt und abgesteckt
  • kaum horizontale Karriereperspektiven (Prozess- und Projektmanager, Querschnittsmanager)
  • Informationen fließen – wenn überhaupt – nur vertikal, kaum jedoch horizontal und über Abteilungsgrenzen hinweg
  • viele Projektmanager/innen (und andere Querschnittsfunktionen) haben maximal eine koordinierende Funktion
  • unklare Situationen, Zielkonflikte, Widersprüche und Spannungsfelder werden auf dem Rücken der Prozess- und Projektmanager/innen ausgetragen

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Frederick Winslow Taylor, Henri Fayol und Henry Ford – Sie leben hoch, hoch, hoch!

Eines muss uns bewusst sein: In solchen Organisationen ist ein professionelles Projektmanagement (und auch Geschäftsprozessmanagement) so gut wie zum Scheitern verurteilt. Denn diese Querschnittsfunktionen können nur dann einigermaßen effektiv und effizient ablaufen, wenn die Rahmenbedingungen geschaffen sind. Welche könnten das sein?

  • klare Rollen- und Kompetenzverteilung zwischen Linien- und Prozess-/Projektverantwortlichen
  • mehr Macht und Verantwortung in die Horizontalfunktionen – besonders für strategisch wichtige Prozesse und Projekte
  • die Funktionen müssen sich verstärkt als interne Dienstleister, Expertenpools und Think Tanks verstehen, die die Prozesse und Projekte mit Know-How und professioneller Arbeitsleitung „beliefern“

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Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich plädiere nicht für einen 90-Grad-Shift des Unternehmens, sprich für das Auflösen von Abteilungen und Fachbereichen. Im Gegenteil! Wir brauchen ein sinnvolles Zusammenspiel, eine neue KULTUR im Umgang mit der horizontalen und der vertikalen Perspektive.

Und zuletzt: Häufig reicht ein mehrjähriger, evolutionärer Veränderungsprozess nicht mehr aus. Es muss schneller gehen! Schaffen Sie zuerst im Management das Bewusstsein für dieses neue Bild der Organisation, der „Integrierten Prozess- und Projektmanagementorganisation„. Wer nicht mitzieht, ist draußen! So einfach ist das.

10 Gedanken zu „Es lebe hoch, das Kästchendenken!“

  1. In vielen KMUs der IT-Industrie erkennt man das Problem recht schnell, wenn man einen Blick auf auf die Karrierepfade wirft:
    Es gibt keine Karriere im Projektmanagement, wenn man weiter aufsteigen möchte, dann muss zwingend eine Abteilungsleitung übernommen werden.
    Als Folge hat man dann irgendwann einige Pseudo-Abteilungsleiter die aber hauptsächlich Projekte bearbeiten oder die guten PMs verlassen das Unternehmen.

  2. Hallo,

    ich bin voll ihrer Meinung, daß wir diesen Wechsel der Sichtweise brauchen…..

    „… wer nicht mitzieht, ist draußen …“ Ist das aber nicht zu einfach?
    Auch das Überzeugen des Managements ist nur ein Schritt. Diesen Wandel im Denken jedes Einzelnen muß jeder für sich selbst erfahren. Natürlich kann man das durch Mittel des Change Management unterstützen, aber es bedeutet einfach immer einen Kulturwandel – und solche Wandel dauern ihre Zeit.

    Jeden der hier nicht mitzieht „auszuscheiden“ scheint mir nicht der richtige Weg. Man muß diese neuen Ansätze erlebbar machen, dh. mit gelebten Beispielen beweisen und „vorzeigen“, daß die Ansätze funktionieren.

    Abteilungen und Funktionale Organisationen werden weiterhin bestehen bleiben – jedoch müssen sie mit horizontalen Funktionen „vermischt“ werden/sein.

    LG Martin

  3. @Martin: Es ist unbestritten, dass solche Veränderungsprozesse Zeit brauchen und dass ein professionelles Change Management (erlebbar machen, überzeugen, diskutieren, reflektieren etc. etc.) unablässig ist!

    Ich wollte damit lediglich zum Ausdruck bringen, dass es langfristig keinen Sinn macht, in der Führungsetage Personen zu beschäftigen, die sich mit diesem Bild der Organisation (partout) nicht identifizieren können. Denn dann wird’s nicht funktionieren.

    Wir brauchen veränderungsbereite, MUTIGE, lernwillige und offene Manager/innen, die bereit sind, auch ihre Rolle in der Organisation zu hinterfragen und gegebenenfalls anzupassen. Darum geht’s.

  4. @Frank: Meine Erklärungsansätze (auf die Schnelle):

    – Wir haben diese Sichtweise über das Funktionieren von Organisationen über Generationen (ich möchte fast sagen Jahrtausende) hinweg erlernt und folglich perfektioniert.
    – Bewahren ist immer einfacher als verändern.
    – Hierarchien sind (vermeintlich) einfacher. Und Einfachheit, Pragmatismus etc. sind in der Praxis (natürlich) starke Argumente FÜR eine Lösung.

  5. Bin durch Zufall (suche nach PM-Methoden im Rahmen einer SAP-Fortbildung) auf diese Seite gekommen und möchte etwas dazu bemerken:

    Ich denke, weil Hierarchien sicherer machen. Jeder kennt da seinen Platz, weiss was ihn erwartet… *ironiemodus an* Wäre ja auch schlimm, wenn es die Hierarchien nicht mehr gäbe.. Wie viele Leute müßten sich neu orientieren, nach oben, unten, rechts, links und wüßten daher gar nicht mehr, wohin und was… *ironiemodus aus*

    Wünsche noch eine schöne Zeit…
    Grüße Annette Siegel

  6. Freue mich über die rege Diskussion zu diesem Thema.

    Ich teile Annettes Meinung voll und ganz. Ich würde sogar noch weiter gehen. Denn für mich ist es unbestritten, dass Hierarchien auch ganz eindeutige Vorteile haben. Nämlich u.a. jenen, dass viele Entscheidungswege, Kompetenzen, Machtverhältnisse, Zuständigkeiten etc. einfach KLAR sind. Das schafft Sicherheit und Stabilität in unsicheren Zeiten.

    Dies ist meiner Ansicht nach auch ein Teil der Antwort auf Franks Frage, warum Hierarchien einfacher sind? Es ist die Klarheit, die es (vermeintlich) einfacher macht.

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