Immer wieder werde ich zum Thema PM Zertifizierung befragt:
- Was bringt eine Zertifizierung?
- Was kostet sie? Wieviel Aufwand ist mit der Vorbereitung verbunden?
- IPMA oder PMI? Welche Zertifizierungen sind besser?
- Sind zertifizierte Projektmanager/innen erfolgreicher?
- etc.
Zu diesen Fragen gibt es keine richtigen Antworten, sondern verschiedene Meinungen und verschiedene Faktoren, die zu beachten sind. Deshalb versuche ich heute erst gar nicht, die Fragen zu beantworten, sondern ich überlasse das drei hochkompetenten Kollegen, die sich intensiv mit der Thematik auseinander gesetzt haben (PDF zum Herunterladen):
- Bernd Oestereich, Geschäftsführer der oose Innovative Informatik GmbH
- Prof. Dr. Michael Gessler, Vorstand Qualifizierung und Zertifizierung der GPM
- Oliver F. Lehmann, PM Trainer und Consultant, Vorstand des Münchner PMI Chapters
Der Artikel bildet eine wirklich gute Grundlage, um Fragen zur Zertifizierung individuell zu beleuchten und zu beantworten.
Vielen Dank Stefan für diesen PMI/IPMA Vergleich!
Wesentlicher Unterschied der beiden Ansätze:
PMI = weltweit einheitlich geregelter Zertifizierungsprozess mit einheitlicher Zertifizierungsgrundlage (PMBOK)
IPMA = Internationaler Dachverband mit starken lokalen Ausprägungen, d.h. sowohl die Zertifizierungsprozesse als auch die Zertifizierungsgrundlagen sind ‚Ländersache‘
Die ‚österreichische‘ unterscheidet sich wesentlich von der ‚deutschen‘ IPMA Zertifizierung.
Daher der Tipp an alle Österreicher: Vor der Zertifizierung auf die Homepage von Projektmanagement Austria surfen und die jeweils aktuellen Infomappen zu den einzelnen Zertifizierungsstufen (A,B,C,D)checken.
http://www.p-m-a.at/content.php?open=86
Warum wird eigentlich Prince2 so selten in Dein Blog erwähnt? Kommt diese Methode aus Deiner Sicht nicht in Betracht?
Guten Tag Herr Dr. Hagen,
Wie wäre es mit einem Update dieses Beitrags? Denn leider wird auch die Zertifizierung nach IAPM Standard nicht erwähnt. Die zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass die Zertifizierung ein Berufsleben lang gültig ist – ein Zwang zur Rezertifizierung entsteht nicht. Der Grund: Der Verband ist der Auffassung, dass ein Projektmanager, der einmal bewiesen hat, dass er etwas von Projektmanagement versteht, dies auch in Zukunft immer wird..Hier eine Übersicht über die IAPM-Zertifizierungsgrade:
https://www.iapm.net/de/zertifizierung/zertifizierungsgrade/uebersicht/
Beste Grüße!
Hallo Fr. Ferus,
danke für den Hinweis.
Ich denke jedoch, dass die Zertifizierung der IAPM international betrachtet keine wirkliche Bedeutung hat – insbesondere im Vergleich zu PMI und IPMA. Ich kenne das Angebot der IAPM praktisch nicht, deshalb bitte ich, dies nicht bewertend zu verstehen. Objektiv betrachtet müssten dann aber ca. 25 weitere PM Zertifizierungsangebote in dem Beitrag genannt werden.
Oder sehe ich das falsch?
LG, Stefan Hagen
Lieber Herr Hagen,
zur Bedeutung von Organisationen kann man natürlich wenig diskutieren. Doch würden wir gerne mit Victor Hugo argumentieren und ein wenig weiter denken, er sagte „Nothing is as powerful as an idea whose time has come. There is one thing stronger than all the armies in the world, and that is an idea whose time has come.“
Dazu möchten wir gerne einen Vergleich der Zertifizierungssysteme vornehmen, zu den Organisationen, mit denen wir oft verglichen werden. Die eine (PMI) verzichtet bei ihrer Zertifizierung faktisch auf den Sozialkompetenzteil und die andere (IPMA) hat weltweit gesehen zwar eine Competence Baseline, aber keine einheitlichen Zertifizierungen. Zwar werden die harten Faktoren und die Sozialkompetenz angesprochen, doch die Bewertung ist doch bereits im Vergleich zwischen dem Assessment der PM Austria, der Swiss PM und der PM-Zert in Deutschland höchst unterschiedlich organisiert, einen Vergleich mit Frankreich oder dem Vereinigten Königreich brauchen wir hier gar nicht erst anzustellen.
In Bezug auf die Frage der Vorgehensweise im Assessment einige Überlegungen: Insbesondere die PM-Zert wird immer wieder als sehr dokumentenorientiert (Lebenslauf, Antrag auf Zertifizierung, Transferprojekt, Projektlisten, Projektberichte, Projekterfahrungsberichte etc.) und dann auch noch in Anhängigkeit der eingesetzten Assessoren als willkürlich bewertend wahrgenommen.
Sprechen wir über die Kosten der jeweiligen Zertifizierung zwischen 600 und 2.700 €, je nach Organisation und Zertifizierungslevel, können wir feststellen, dass es keine Differenzierung in Bezug auf die Nationalität des Zertifikanten gibt. Ein Projektmanager aus Chile bezahlt das gleiche, wie ein Projektmanager aus Dänemark, ein Schweizer absolut gesehen das Gleiche, wie ein Senegalese. Da kann der Afrikaner kompetent sein, wie er will, doch wegen der hohen Preise wird er aus dem Zertifizierungsprozess ausgeschlossen. Bei IAPM ist die Zertifizierungsgebühr abhängig vom BIP der Nationalität des Zertifikanten, damit auch für Projektmanager aus der zweiten oder dritten Welt erschwinglich und als Kompetenzbescheinigung bezahlbar.
Sprechen wir über die Rezertifizierung, die zumindest für den Level D in Deutschland als Farce zu bezeichnen ist und bei den anderen Levels dieser sehr zumindest nahe kommt. Es bleibt doch eine wichtige Feststellung zu machen: es handelt sich um den Versuch eine Gelddruckmaschine zu installieren. Solange die Firma des Projektmanagers die Rezertifizierung bezahlt, ist das auch kein Problem. Doch aus der Rückmeldung vieler Projektmanager wissen wir, dass diese Gebühren häufig nicht vom Unternehmen getragen werden. Mit dem Ergebnis, dass ein Projektmanager die Kosten selber tragen muss oder sein Zertifikat, die externe Kompetenzbescheinigung, als Wettbewerbsfaktor verliert. Die IAPM vergibt ihre Zertifikate, wie Universitäten Ihre Bachelor-, Master- oder Doktorgrade ohne zeitliche Befristung.
Sprechen wir über neue Strömungen im PM. Die IPMA bringt demnächst die ICB 4.0 heraus. Damit werden die Themen des PM ein wenig neu geordnet und wahrscheinlich weiter verwässert. Die PMI hat die 5. Auflage des PMBoK herausgebracht und die Fachwelt mit Prozessen zum Stakeholdermanagement beglückt. Die Fragen der Entwicklungsprojekte im IT-Umfeld lassen sich damit schwerlich oder unbefriedigend beantworten. Die IAPM hat dagegen neben dem tradierten PM Ansatz, mit der Zertifizierung zum Projektmanager, den agilen PM Ansatz, mit der Zertifizierung zum Agilen Projektmanager aufgebaut. Dafür wurden zwei leicht verständliche und sofort in der PM-Praxis anwendbare PM Guides ins Netz gestellt.
Sie haben absolut recht, die Zertifizierung der IAPM hat international betrachtet noch keine wirkliche Bedeutung. Doch mit Ihrer Hilfe kann daran gearbeitet werden, dies langfristig zu ändern.
Sie kennen das Angebot der IAPM praktisch nicht, aber: wie viele Personalentwickler kennen die Inhalte oder die Verfahren von IPMA, PMI und IAPM? Dennoch schicken sie ihre Projektmanager zu dem Zertifizierer der am buntesten im Internet auftritt, am lautesten schreit oder eben nach 15 Jahren im Markt, am bekanntesten ist. Wer von diesen Entscheidern über die Frage der Zertifizierung hat die verschiedenen Angebote durchlaufen? Wer von ihnen kann die Unterschiede ausmachen? Wer kann fundiert begründet sagen, dass PMI eigentlich nicht hilfreich und IPMA hölzern ist? Werfen Sie einen Blick auf unserer Website. Dort finden Sie Statements von Projektmanagern, die durch Zertifizierungen verschiedener Gesellschaften gegangen sind.
Anfang der 90er Jahre war IBM der Platzhirsch und niemand kannte Microsoft. Microsoft hat aber später unser Leben revolutioniert! Heute sind PMI in den USA und IPMA in Europa die Platzhirsche. Aber: Menschen wie Sie, lieber Herr Hagen, können einen nicht unerheblichen Beitrag dazu leisten, Verkrustungen aufzubrechen und die Zertifizierung zu revolutionieren. Es gibt keine weiteren 25 wirklich revolutionäre PM-Zertifizierungsangebote, sondern nur das der IAPM.
Vielleicht können Sie auf dieser Grundlage Ihre Entscheidung, uns in Ihren Vergleich einzubeziehen, doch noch einmal überdenken, uns und bestimmt auch die Community der Projektmanager würde es freuen!
Hallo Fr. Ferus,
bei den allermeisten Punkten rennen Sie bei mir offene Türen ein. Auch ich stehe den etablierten PM Zertifizierungen skeptisch gegenüber.
Was halten Sie von folgendem Vorschlag? Wir unterhalten uns mal 20-30 Minuten via „Google Hangout on Air“ über Ihren Verband, und Sie dürfen mich und die PM Community persönlich überzeugen. Was halten Sie davon?
LG, Stefan Hagen
Hallo Herr Hagen,
da sind wir gerne dabei! Ich werde mich per Email zwecks Terminvereinbarung bei Ihnen melden. Vielen Dank für die Einladung zum Dialog!
Beste Grüße
Cathrin Ferus
Unabhängig von Rezertifizierungsstrategien oder finanziellen Aspekten der Dachorganisationen sind meine persönlichen Erfahrungen in aller Kürze wie folgt:
Für die IPMA (GPM) Zertifizierung muss ein Transfernachweis geschrieben werden. Das bedeutet, es muss eine Ausarbeitung geschrieben werden, in dem alle Elemente eines Projektes angewendet und interpretiert werden müssen. Die Abfolge und Zusammenhänge der einzelnen Methoden klar, das habe ich als sehr wertvoll angesehen, weil Themen (oder Wissensgebiete wie es sie bei PMI gibt) nicht isoliert, sondern im Zusammenhang gestellt werden. Das halte ich persönlich für praxisnäher als die reine Wissensabfrage zu einzelnen Themen.
Ich habe das Glück in einem Team von Projektmanagern zu arbeiten und gemeinsam mit Ihnen verschiedenen Projektmanagementthemen bzw. deren operative Umsetzung auszuarbeiten. Wir sind alle IPMA Zertifiziert von Level D bis zu Level A. Die gemeinsame Sprache und Definitionen die wir verwenden können ist hierbei ungemein hilfreich und die ICB dient dabei als „Bibel“ um zum einen eine QS durchzuführen und bei Streitpunkten auf eine Basis zurückgreifen zu können. (Gleiches kann man natürlich auf mit dem PM-Book machen)
Von daher machen Standards hier sehr viel Sinn.
Oft konnte ich in Projekten beobachten, dass viel „wild“ gegoogelt wird, um Informationen zu einem (Projektmanagement-)Thema zu erhalten, und der Artikel der einem am meisten zusagt, der wird genommen. Zusammenhänge zwischen den einzelnen Projektmanagement-Elementen gehen so verloren und die Projektbeteiligten haben am schlussendlich immer noch ein unterschiedliches Verständnis zu den verschiedenen Themen.
Anmerkung:
Ein Phänomen welches mir leider oft begegnet ist allerdings:
Die Zertifizierung wird gemacht, weil der Markt es so möchte.
Dann wird stolz erzählt, dass man davon nichts in der Praxis einsetzt, weil ja eh nur alles Theorie ist.
Projektmangementmethodik ist nun mal formal (und man sollte es dem Projekt angemessen formal betreiben) und es ist oft auch unbequem, aber wenn wir Projektmanager so schludrig mit unserem eigenen Handwerkszeug umgehen entwerten wir uns dann nicht schlussendlich selber ? Dann nützt mir auch die beste Zertifizierung nichts.
Hallo zusammen,
und?
Was ist aus der „Herr Hagen Frau Ferus“ Unterhaltung geworden?
Das wurde die Ottmann-Hagen-Unterhaltung 😉
Guten Tag Herr Hagen
Gerne schreibe ich eine Anfrage auf diesen schon etwas älteren Blog, jedoch auf ein aktuelles Thema.
Können Sie eine Aussage machen, ob ein PMI- Zertifikat auf Stufe PMP dem IPMA Level B oder Level C entspricht.
Vielen Dank
MfG P. Köver
P. Köver
Hallo Hr. Köver,
ich finde, dass die Zertifizierungen nicht 1:1 vergleichbar sind. Ich zumindest würde mich nicht trauen, hier einen Vergleich anzustellen.
Alle Zertifizierungen haben Vor- und Nachteile. Meiner Erfahrung nach geht es eher um eine grundsätzliche Frage, bei welchem Verband man sich besser aufgehoben fühlt.
Beste Grüße,
SH
Guten Tag Herr Hagen
Vielen Dank für Ihre prompte Antwort.
Wenn man das Zertifizierungsvorgehen betrachtet so hat das PMI Zertifikat auf PMP nur einen Wissenstest mit MC Fragen (inkl. Seminarbesuch). Ist es den sogar möglich das diese Zertifizierung mit einem IPMA Level D zu vergleichen ist?
Ab dem IPMA Level C muss sich der Kandidat sich auch persönlich im Projektmanagement zertifizieren. Kann diese den nicht höher als die von PMI eingestuft werden?
Ich kann die Frage leider nicht kompetent beantworten.
Eine Zertifizierung bei PMI setzt Projekterfahrungen voraus, die penibel erhoben und kontrolliert werden.
Ob eine punktuelle Erfahrung in einem Assessment wirklich so viel wert ist, wage ich zu bezweifeln. Ich halte die IPMA-Zertifizierung im Bereich sozialer Kompetenz für eine legitime, aber nicht so valide Prüfungsmaßnahme. Letztlich zählen Erfolge in der Praxis, eine Laborsituation ist ein Indikator.
Ich bin IPMA Level B zertifiziert, der Wert war für mich aber bisher nur bei einigen Auftraggebern gegeben, die Zertifizierung vorschreiben.
PMI halte ich, auch in Hinblick auf ISO 21500 für den besseren inhaltlichen Ansatz, IPMA hängt eigentlich dem veralteten Ansatz der „idealen Führungskraft“ an, da ist der Prozessansatz von PMI und PRINCE schon deutlich nützlicher.