Ist Management „tot“?

Kaum ein Beitrag hat in den letzten Jahren auf diesem Blog eine intensivere Diskussion ausgelöst als „Was ist Management?“.

Ich habe mich in dem Beitrag (wie vorher auch schon) offen als Befürworter einer modernen, integrierten und ganzheitlichen Managementlehre „ge-outet“. Meine Haltung und mein Verständnis zu diesem Thema wurde einerseits durch meine persönlichen Erfahrungen geprägt, und andererseits durch die Auseinandersetzung mit den Werken der großen Management-Denker wie Peter F. Drucker, Tom Peters, Michael Hammer, Gary Hamel oder auch die Beiträge im Kontext der „St. Galler Managementlehre“ von Ulrich, Krieg, Malik, Gomez, Probst, Rüegg-Stürm, Schwaninger etc.

Zu meinem persönlichen Erfahrungshintergrund möchte ich ergänzen, dass ich seit meiner Jugend über 10 Jahre hinweg im elterlichen Textilbetrieb mitgearbeitet habe. Diese „unternehmerischen“ Erfahrungen haben mich auch auf meinem späteren Weg geprägt. Im Kontext meines Verständnisses von „Management“ haben sie dazu beigetragen, dass ich diesen Begriff mit der unternehmerisch geprägten, werteorientierten Führung, Koordination und Gestaltung von Organisationen verbinde. Gutes, effektives und menschenwürdiges Management ist folglich für mich etwas Positives. Und dafür trete ich ein.

Trotzdem hat der kritische Diskurs natürlich viele Fragen aufgeworfen. Wie u.a.:

  • Ist Management tatsächlich „tot“? Muss der Managementbegriff eliminiert werden?
  • Wenn ja, welche schlüssigen Alternativkonzepte gibt es?
  • Brauchen Organisationen überhaupt etwas wie „Management“? Oder können sie sich selbst managen?
  • Liegen die „Management-Gurus“ der letzten Jahre und Jahrzehnte mit ihren Konzepten vollkommen daneben? Muss Management (oder sein Nachfolger) wirklich völlig neu gedacht und konzipiert werden?

Bezugnehmend auf die letzte Frage in dieser beispielhaften Aufzählung meine ich zum jetzigen Zeitpunkt: NEIN. Ich glaube nämlich immer noch nicht, dass die gemeinhin akzeptierte Management-Theorie völlig falsch ist – sehr wohl aber in vielen Punkte entwicklungs- und verbesserungswürdig (wie alles im Leben). Oder wie es Gary Hamel häufig formuliert: „We must re-invent management.“

Eine Frage drängt sich aber immer stärker auf:

Warum erleben wir so wenig „gute Theorie“ in der Praxis? Haben wir ein Erkenntnisdefizit oder haben wir nicht vielmehr ein Transfer- und Umsetzungsdefizit?

Wenn wir dann zum Schluss kommen, dass Management „tot“ ist und dass es ersetzt werden muss, dann soll’s mir auch recht sein. Denn in zumindest einem Punkt gebe ich allen Management-Kritikern völlig recht: WIR HABEN EIN ECHTES PRAXISPROBLEM IM MANAGEMENT!

11 Gedanken zu „Ist Management „tot“?“

  1. hello Stefan,

    das ist ein ergiebiges thema!!!
    ein paar gedanken dazu, obwohl daraus abendfüllende gespräche oder ganze bücher werden könnten…
    * ich denke eines der grundübel aktuell gescheiterter managementansätze ist „komplexitätsreduktion“ und kurzsichtigkeit http://blog.poczynek.org/2008/11/komplexittsreduktion.html
    * die für mich deutlichste aussage dazu trifft Dirk Baecker bereits 1994 mit seinem werk „Postheroisches Management“ (merve verlag berlin)
    * und ein besonders hilfreiches konzept finde ich in der soziologischen systemtheorie, die „management“ sehr deutlich von „führung“ trennt. ich denke die vermengung dieser funktionen mit allen darunterliegenden macht-dynamiken bereitet große schwierigkeiten und passiert leider permanent.
    * „eine schule“ zu finden, die die richtige wäre halte ich für unmöglich. die individuelle (authentische) persönlichkeit innerhalb eines kulturellen (unternehmens-)kontexts muss zu einem ganzheitlich, handlungsfähigen wirken kommen, das die existenz des unternehmens sichert.

    danke für den impuls Stefan!

    sunshine!
    Jan A. Poczynek

  2. Hi Jan,

    ein rein vereinfachender, trivialisierender Umgang mit Komplexität ist mit Sicherheit der falsche Weg!

    Ein effektiver und professioneller Umgang mit Komplexität beinhaltet für mich aber auch wesentlich die persönliche Intuition eines Menschen oder – wie es Andreas Zeuch zu sagen pflegt – den professionellen Umgang mit Nicht-Wissen. Wenn man das Thema durch diese Brille betrachtet, ist der Zusammenhang zwischen Komplexität und Management wieder richtig (oder zumindest nicht ganz falsch).

    Trennung zwischen Management und Führung: Nach der soziologischen Systemtheorie sicher richtig. Allerdings ist die ganze Diskussion immer geprägt von der Frage, wie man die beiden Begriffe versteht und definiert. Beispiel: So, wie Cay v. Fournier (den ich persönlich kenne) Führung und Management definiert, ist eine klare Trennung sicher richtig: http://bit.ly/3VouXh Die Themen, die er jedoch klar der Führung zuordnet, sind beispielsweise nach Drucker (und vielen anderen Management-Denkern) auch Aufgabe eines „effektiven Managers“. Was ich damit sagen möchte: Die Frage ist halt immer, wie man die einzelnen Begriffe definiert oder welchen Zugang man dazu hat.

    Deinen letzten Punkt unterschreibe ich voll und ganz! DAS richtige Management gibt es nicht, ebenso wenig, wie es DIE richtige Führung oder DIE richtige Organisation gibt. Auf die Menschen und ihr Verhalten kommt es an, ob wir es nun Management, Führung, Sinnkoppelung oder wie auch immer nennen.

    Grüße! Stefan

  3. Ich halte es da mit Malik: Management ist ein Beruf.

    Doch wie viele von den heutigen Managern haben ihn erlernt? Wen hat man mit den Aufgaben und Werkzeugen des Managements zu Beginn bekannt gemacht?

    Ich erinnere mich, als ich Führungskraft wurde, auweia. „Mach mal …“

    Ansonsten halte ich Management für richtig und wichtig. Ich kann mich Deinem Vertändnis für Managment anschliessen.

    Gruß,
    Martin

  4. Einen interessanten Blick auf das Thema Management/Führung habe ich kürzlich im Buch „Paradoxien der Führung – Aufgaben und Funktionen für ein zukunftsfähiges Management“ von Bernhard Krusche bekommen (http://bit.ly/VByKm).

    Es behandelt viele der gestellten Fragen durch Herleitung der Probleme und Bearbeitung unter einem systemtheoretischen Blickwinkel. Bernhard Krusche
    kommt zum Ergebenis: Ja, es braucht Management auch in „modernen“ Organisationen, aber mit einer gänzlich anderen Herangehensweise als heute üblich. Und das nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch, mit Input von Größen wie Fritz B. Simon.

    LieGrü
    T

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