Blitzumfrage 20: Projektprozesse und Vorgehensmodelle

Zur Erläuterung:

SCRUM: Den strategischen Geschäftsnutzen im Fokus

Boris Gloger ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten SCRUM Trainer und Berater in Österreich. In dieser Präsentation aus dem Jahr 2008 schneidet er ein sehr interessantes Thema an, nämlich den Fokus in SCRUM auf den strategischen Geschäfts- bzw. Produktnutzen:

Boris beschreibt in der Präsentation zu recht, dass im traditionellen Projektmanagement der Projektstrukturplan (Work Breakdown Structure) ein zentrales Planungsinstrument ist. Die kleinste Planungseinheit sind Arbeitspakete oder einzelne Aufgaben. Dies kann dazu führen, dass das Projekt „aufgaben-getrieben“ abläuft und die eigentlichen Anforderungen und Ziele im Extremfall vernachlässigt werden. Taktisches anstatt strategisch sinnvolles Arbeiten kann die Folge sein.

In SCRUM ist das zentrale Planungsinstrument der Product Backlog. Boris bezeichnet diesen zurecht als „Feature Breakdown Structure“. In SCRUM orientiert sich das Projektteam an den jeweiligen Features, die unmittelbar aus den definierten Anforderungen des Kunden (bzw. Product Owner) resultieren. Der Fokus auf den strategischen Geschäftsnutzen ist fast die unausweichliche Folge dieses Vorgehen.

Gut, ganz schwarz und weiß malen darf man die Sache sicher nicht. Auch mit traditionellen Methoden kann man den Geschäftsnutzen sicher stellen, und auch mit agilen Methoden können Projekte völlig am Geschäftsnutzen vorbei laufen. Von der Tendenz her stimme ich Boris Gloger aber vollkommen zu: Ein wesentlicher Vorteil der SCRUM Methode besteht darin, dass die Ziele (in IT Projekten Features) im Planungs- und Umsetzungsfokus stehen. Und diese resultieren in der Regel unmittelbar aus den Anforderungen und der Produktvision des Kunden (bzw. Product Owner).

Oder aus der anderen Perspektive gedacht: Im traditionellen Projektmanagement wird der Projektauftraggeber in den Initiierungs- und Planungsprozessen verstärkt eingebunden. Während der Durchführungsprozesse ist die Einbindung häufig nur noch sporadisch. Dies birgt die Gefahr, dass das Projektteam (teilweise) an den Bedürfnissen und Anforderungen des Auftraggebers vorbei arbeitet.

Was meint Ihr? Seid Ihr anderer Meinung?

Spannungen in Projekten und Organisationen

Das Thema „Spannung“ und „Spannungsmanagement“ lässt mich nicht mehr los, seitdem ich 2003 zu diesem Thema ein kurzes Seminar von Prof. DDr. Buchberger besucht habt. Aus meiner Mitschrift von damals entnehme ich so einprägsame Sätze wie:

  • „Im Management ist alles wahr und falsch.“
  • „Spannung ist Leben.“
  • „Im Management geht es immer zwischen Polaritäten hin und her.“
  • „Wir müssen versuchen, mit Spannung bewusst umzugehen.“
  • „Spannung ist ein Zeichen für Lebendigkeit.“

Prof. Dr. Dirk Baecker (Zeppelin Universität Friedrichshafen) hat ebenso einen system- und organisationstheoretischen Zugang zum Thema Spannung. Watch it:

Mein Persönliches Fazit: Wir müssen in Zukunft in zunehmendem Maße mit Spannungen und Polaritäten umgehen können. Denn in komplexen, lebendigen Systemen sind Spannungen lebensnotwendig und somit vorprogrammiert.

Siehe auch:

Wann ist ein Projekt ein Projekt?

Update vom 18.3.2010:

Heute widme ich mich mal einer verhältnismäßig trivialen Frage, nämlich: „Wann ist ein Projekt ein Projekt?“ –> Sprich: Wann ist eine Aufgabe PROJEKTWÜRDIG?

Nach DIN 69901 wird ein Projekt wie folgt definiert:

„Ein Projekt ist ein Vorhaben, das im wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z. B.: Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Bedingungen, Abgrenzungen gegenüber anderen Vorhaben und projektspezifische Organisation.“ (siehe hierzu auch: Projektdefinition auf Wikipedia bzw. im PM Glossar)

Das ist auch jene Definition, die man in den meisten Lehr- und Fachbüchern wieder findet. Allerdings halte ich persönlich diese Definition NUR FÜR BEDINGT TAUGLICH, wenn es darum geht, Projekte von anderen Aufgaben zu unterscheiden. Denn in der Praxis erlebt man häufig folgende zwei Extreme:

  • So gut wie alles ist ein Projekt. („Projektitis„)
  • So gut wie nichts ist ein Projekt.

HYPOTHESE: Der Projektbegriff wird in der Praxis unscharf und vielfach falsch verwendet. Aufgaben, die nicht wirklich projektwürdig sind, werden als „Projekte“ bezeichnet und bearbeitet.

LÖSUNGSANSATZ: Wir sollten uns auf die drei ZENTRALEN KRITERIEN konzentrieren, um Projektaufgaben von Routine-/Linien-/Prozessaufgaben zu unterscheiden (= Projektwürdigkeit). Diese sind:

Denn sobald eine Aufgaben komplex und neuartig ist und nicht in Einzelarbeit gelöst werden kann, ist die Bearbeitung als Projekt in der Regel sinnvoll und notwendig. In diesen Fällen ist eine Projektorganisation zu etablieren. In allen anderen Fällen sind die Aufgaben in der Linien- oder Stammorganisation zu lösen.

Nun kann man die berechtigte Frage stellen: Kann eine Aufgabe auch komplex und NICHT neuartig sein? Ja, es gibt in Organisationen natürlich auch so etwas wie „Routineprojekte“, die bis zu einem gewissen Maß standardisierbar sind. Beispiele:

  • Produktentwicklungsprojekte / Innvoationsprojekte –> stardardisierbar über Innovationsprozesse / Stage-Gate-Modelle
  • IT-Projekte –> standardisierbar über Vorgehensmodelle / Projektprozesse
  • Kundenprojekte / kundenspezifische Lösungen –> standardisierbar über Vorgehensmodelle / Projektprozesse

ABER: Auch Projektarten, die in Unternehmen regelmäßig durchgeführt werden, können niemals vollständig standardisiert werden, da sie IMMER auch neuartige Elemente enthalten. Ist dies nicht der Fall, handelt es sich nicht um Projekte, sondern um standardisierbare (Geschäfts)Prozesse.

FAZIT: Sobald Aufgaben in Organisationen KOMPLEX und NEUARTIG sind und nur in TEAMARBEIT gelöst werden können, sollten sie als Projekte bearbeitet werden. Für diese Projekte sollten dann die Projektkriterien zeitliche Befristung, messbare Ziele/Zielvorgaben, definierte Ressourcen, projektspezifische Organisation etc. gelten.

In eigener Sache: Social-Media-Kodex

Mein Kollege Andreas Heilwagen aus Berlin hat nach dem Re-Launch dieses Blogs im Dezember 09 auf seinem Blog getitelt: „Der erste PM-Pro-Blogger im deutschen Raum„. Er begründet dies damit, dass ich nach dem Re-Launch einige kostenpflichtige Werbeplätze implementiert habe.

Von Pro-Blogger kann natürlich keine Rede sein. Vielmehr stellt das Bloggen nach wie vor eine Leidenschaft dar, die natürlich aber auch (primär indirekte) geschäftliche Vorteile mit sich bringt. Aus gegebenem Anlass möchte ich deshalb den „Social-Media-Kodex“ offen legen, den ich für diesen Blog definiert habe:

  • Authentizität, Hilfsbereitschaft und Unabhängigkeit sind Grundwerte, auf denen der PM-Blog aufbaut.
  • Die bezahlte Werbung beschränkt sich auf Bannerplätze sowie die eingebetteten Werbungen von Google und Amazon.
  • Bannerplätze werden nur an jene Unternehmen verkauft, deren Produkte und Dienstleistungen (aus meiner subjektiven Sicht) ein hohes Qualitätsniveau haben.
  • Für Produkttests (z.B. Softwaretests) oder auch Buchrezensionen werden von den Herstellern / Verlagen in der Regel kostenlose Testlizenz bzw. Rezensionsexemplare zur Verfügung gestellt wurde. Dies geschieht aber immer unter der Bedingung, dass das Testurteil dadurch in keiner Weise Weise beeinflusst wird.
  • Weiters werde ich auch zukünftig in Blogbeiträgen auf Produkte, Dienstleistungen und Unternehmen hinweisen, die ich selbst kenne, nutze oder die ich für die Leser/innen dieses Blogs für relevant halte.

Ich bedanke mich an dieser Stelle für Ihr Interesse an meinem Blog! Es macht wirklich Spaß, über diesen Kanal mit Ihnen zu kommunizieren und gemeinsam zu lernen.

Ähnliche Statements von befreundeten Bloggern:

Selbstorganisation – Chance oder Illusion?

Organisationen (= Unternehmen, Projekte, Vereine…) sind komplexe, sozioökonomische Systeme. Management und Führung hat die zentrale Aufgabe, diese Systeme zu gestalten und zu lenken – im Sinne des übergeordneten Systemziels. Soweit zur abstrakten Definition.

Wir alle wissen aber, dass es konkret um die Kooperation von Menschen geht – mit all Ihren Fähigkeiten, Talenten, Eigenheiten und auch Schwächen. Dort liegt die WIRKLICHE Herausforderung eines jeden Managers und einer jeden Managerin. Hierzu habe ich folgende Thesen:

  • Damit Führungskräfte OPERATIV wirkungsvoll führen können, benötigen Sie ein Grundverständnis über das „Funktionieren“ komplexer Systeme.
  • Management sollte in jedem Fall anstreben, dass es obsolet wird und dass die Managementfunktion von den Mitgliedern des Systems wahrgenommen (= Selbstorganisation).
  • Ich glaube NICHT, dass sich Organisationen längerfristig „von alleine“ selbst organisieren können. Vielmehr bedarf es einer sinnvollen und der jeweiligen Situation angepassten Balance zwischen direkter, struktureller, partizipativer und selbstorganisierter Führung.
  • Damit Selbstorganisation überhaupt eine Chance haben kann, müssen in einer Organisation Werte wie Vertrauen, Respekt und gegenseitige Wertschätzung hochgehalten und eingefordert werden.

Jurgen Appelo (NOOP.nl) hat zu diesem Thema wieder einmal eine hervorragende Präsentation veröffentlicht. Besonders beeindruckt bin ich von der optischen Aufbereitung, denn offenbar fertigt Jurgen die Grafiken für die Präsentationen jeweils selbst an. Erste Sahne…

Zum Kern dieser Präsentation nimmt auch der geniale Prof. Peter Kruse in diesem Interview Stellung. Er nennt selbstorganisierte Systeme hier „informelle Netze“. Weiters definiert er „qualitätsgesicherte Prozesse“ als Voraussetzungen für selbstorganisierte Systeme.

Was meint Ihr? Ist Selbstorganisation eine Chance oder doch eine Illusion?

Studien im Projektmanagement

Im Zusammenhang mit meinem letzten Blogbeitrag hat der/die Leser/in „wortspiel“ nachgefragt, wo es verlässliche und aktuelle Studienergebnisse zum Projektmanagement gibt. Diese Frage möchte ich kurz aufgreifen.

Ich finde, dass die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (GPM) im Bereich der Studien einen sehr guten „Job“ macht. HIER können diverse gute Befragungsergebnisse herunter geladen werden. Dabei geht es um den Stand im Projektmanagement, die Gehälter von Projektmanager/innen, Einsatzmöglichkeiten von Web 2.0 Tools im PM oder auch die Erf0lgsfaktoren im Projektmanagement. Wirklich informativ und seriös durchgeführt.

Weiters empfehlen kann ich die PM Umfrage, welche von Detecon im Jahr 2004 durchgeführt wurde. Diese Studie kann – wie auch diverse weitere Berichte – im GPM Infocenter herunter geladen werden.

Und zu guter letzt empfehle ich noch eine Studie der Haufe Akademie mit dem Titel Projektmanagement 2008.

Habt Ihr weitere Tipps?