Mechanistisches vs. ganzheitliches Denken und Handeln

Kürzlich habe ich einen interessanten Vortrag des renommierten Österreichischen Physikers, Prof. Dr. Herbert Pietschmann, als Podcast gehört. Titel des Vortrags war „Die Atomisierung der Gesellschaft“. Darin geht Pietschmann einerseits auf die zunehmende Individualisierung in unserer Gesellschaft ein. In diesem Zuge beleuchtet er aber auch den Denkrahmen, auf welchem das weit verbreitete mechanistische Denken in der westlichen Welt begründet ist.

Seine Ausführungen sind auch für alle höchst interessant und relevant, die sich mit der Entwicklung von Organisationen und Menschen in Organisationen beschäftigen.

4 Säulen unseres Denkens

Prof. Pietschmann erläutert in dem Vortrag (ab ca. Min. 8:20 im Podcast) sehr plakativ, auf welchen philosophischen Strömungen und Paradigmen das „mechanistische Denken der Neuzeit“ beruht.

Pietschmann nennt folgende 4 Säulen, auf denen unser „Denkrahmen“ begründet ist:

  1. Alles, was messbar ist, soll gemessen werden. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts beeinflusste der Philosoph, Mathematiker, Physiker und Astronom Galileo Galilei (1564-1642) durch sein Wirken wesentlich die weitere Entwicklung in der Wissenschaft, im speziellen in der Naturwissenschaft.
  2. Alles in kleinste Teile zerlegen. Dieses Prinzip gründet wesentlich auf den Theorien und Schriften von René Descartes (1596-1650).
  3. Entweder – oder. Obwohl Aristoteles, einer der bedeutendsten und einflussreichsten Philosophen, Hunderte Jahre vor den zuvor genannten Philosophen gelebt hat (384 v.Chr. – 322 v.Chr.), beeinflusste Aristoteles unsere Kultur erst ab ca. dem Jahr 1200. Der Grund hierfür liegt darin, dass seine Lehre erst zu dieser Zeit gemeinsam mit der arabischen Zahlenlehre nach Europa kam.
  4. Ursache – Wirkung. Diese vierte „Säule des mechanistischen Denkens der Neuzeit“ gründet laut Prof. Pietschmann wesentlich auf den Arbeiten von Isaac Newton (1643-1727).

Pietschmann führt in dem Vortrag eindrücklich und mit viel Humor aus, wie stark diese Paradigmen unser tagtägliches Denken und Handeln beeinflussen. Und: Wer den Denkrahmen nicht einhält, wird in der Regel lächerlich gemacht.

Maxime: Unterscheide, ohne zu trennen

In weiterer Folge skizziert Pietschmann, nach welchem Denkmuster die meisten Menschen vorgehen:

  • Beobachten: Wir beobachten einen Sachverhalt.
  • Unterscheiden: Wir stellen Unterschiede fest.
  • Trennen: Wir trennen die beiden unterschiedenen Dinge in mind. 2 Bereiche.
  • Bewerten, entscheiden: Wir bewerten, was wir für gut bzw. für schlecht halten.
  • Abstoßen, vernichten: Das für schlecht befundene wird abgestoßen oder sogar vernichtet.

Dieser Denkrahmen führt laut Pietschmann zum in der westlichen Welt nach wie vor weit verbreiteten mechanistischen Denken („schwarz-weiß Denken„). Gleichzeitig propagiert er folgende Maxime: Unterscheide, ohne zu trennen!

Diese Maxime könnte auch als ganzheitliches, integriertes oder systemisches Denken bezeichnet werden, welches laut Pietschmann in ost-asiatischen Kulturen vorherrscht.

Aporien – wesentliche Widersprüche, die zum Verständnis unserer Welt notwendig sind.

In dem Vortrag geht Prof. Pietschmann dann über zur „Dialektik der Differenz“, wie er es bezeichnet. Hierzu erläutert er den Begriff der „Aporie„, welcher in unserer Alltagssprache praktisch nicht mehr vorkommt. Pietschmann definiert Aporien als „wesentliche Widersprüche, die zum Verständnis unserer Welt notwendig sind„. Gemeint sind Widersprüchlichkeiten oder Gegensätze, die nicht getrennt, sondern vielmehr zu einer Harmonie geführt werden sollten. Allerdings betont Pietschmann, dass damit keinesfalls eine Egalisierung der Gegensätze gemeint ist (= Gleichmacherei), sondern ein bewusstes Unterscheiden OHNE Trennung.

In diesem Zusammenhang erläutert Pietschmann dann weiters das Gesetz der Dialektik, welches er auch als HX-Verwirrung bezeichnet. Darin beschreibt er, dass wir mit Menschen, die eine gegensätzliche Meinung vertreten, häufig gar nicht in einen ehrlichen und offenen Dialog treten, sondern vielmehr ihre „Schatten“ bekämpfen. Dies ist folgendermaßen zu verstehen (Quelle: http://collabor.idv.edu/erblast):

HX Verwirrung (Pietschmann)

Erläuterung: Angenommen, es stehen sich zwei Menschen gegenüber, von denen eine/r für Einheit steht und der/die andere für Vielfalt. Der „Schatten“ der jeweiligen Position ist Uniformität bei Einheit bzw. Beliebigkeit bei Vielfalt. In der Diskussion wird es dann häufig dazu kommen, dass die beiden Kontrahenten den jeweiligen Schatten des/der Anderen bekämpfen.

Dies führt dazu, dass es zu keiner wirklichen Lösung kommen kann, und das Trennende wird vor das Verbindende gestellt. Umgekehrt kann nach Pietschmanns „Gesetz der Dialektik“ nur eine Lösung gefunden werden, wenn eine Harmonie oder Integration auf einer höheren Ebene erfolgt. Damit dies aber erfolgen kann, müssen beide Seiten erkennen, dass sie den falschen Schatten bekämpfen.

Ich habe die entsprechende Passage aus dem Vortrag in Form eines kleinen MindMaps zusammen gefasst (Download: PDF).

HX-Verwirrung im Projektmanagement

Nun die Brücke zum Projektmanagement. Aus meiner Sicht wird beim Studium dieser Themen deutlich, dass wir auch im Projektmanagement häufig an der Pietschmann’schen HX-Verwirrung leiden – wir bekämpfen den falschen Schatten. Beispielhaft möchte ich die aktuelle Diskussion rund um offene Standards, openPM oder die Integration klassischer und agiler PM-Ansätze nennen.

Wenn Sie sich den Vortrag von Prof. Pietschmann anhören, wird aus meiner Sicht recht schnell deutlich, auf welchen „Denkrahmen“ diese (und viele andere) Diskussionen zurückzuführen sind. Gleichzeitig wird aber auch klar, welchen Weg wir einschlagen müssen, um die Verwirrung aufzulösen.

Hören wir auf, den Schatten der jeweils „Andersdenkenden“ zu bekämpfen und beginnen wir, das aus beiden „Welten“ anzuwenden, was in der (jeweiligen) Praxis funktioniert. Hierzu wird es aber auch notwendig sein, Zugänge, Haltungen und manifeste Glaubenssätze zu hinterfragen und die „guten Prinzipien“ zu erkennen, die zum Erfolg beitragen können.    

Mitarbeiter (m/w) gesucht

Unsere Partnerfirma ProjectWizards GmbH, Hersteller der Mac-Software „Merlin„, sucht kompetente Mitarbeiter (m/w) für folgende Funktionen:

  • Grafik & Design
  • Marketing & Sales

Wer ist ProjectWizards?

ProjectWizards machen Projektmanagement. Strategisch und operativ, soviel dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben. Doch wer steckt hinter dem Namen ProjectWizards?

Gegründet wurde das Unternehmen zum Jahreswechsel 2001 von Frank Blome, der seit vielen Jahren Projektmanagement in Unternehmen aller Größen praktiziert hat. Von kleinen „IT-Buden“ bis zu weltweit operierenden Konzernen, wie zum Beispiel der Bertelsmann AG.

Gemeinsam mit zwei Gründungspartnern in der Schweiz und in Österreich konnten von Beginn an alle drei deutschsprachigen Länder mit perfektem Projektmanagement versorgt werden.

Mit einigen angestellten Mitarbeitern werden mittlerweile alle Bereiche des Projektmanagements angeboten. Ergänzt werden ProjectWizards durch ein ständig wachsendes Netz von Profis. Mit diesen Partnern können wir Ihnen nicht nur das Projektmanagement anbieten, sondern sind auch in der Lage, Sie in vielen zusätzlichen Disziplinen zu unterstützen. Hinzu kommt seit November 2004 unsere eigene Projektmanagement-Software Merlin, die exklusiv für Mac OS X sehr erfolgreich vertrieben und weiter entwickelt wird.

Interessent/innen senden Ihre Bewerbung mit Kurzprofil bitte direkt an: office@projectwizards.net.

 

Interview mit dem Projektmagazin

In der heute erschienenen Ausgabe des Projektmagazins ist auch ein Interview enthalten, das die Herausgeberin, Petra Berleb, anlässlich des PM Camp 2011 mit mir geführt hat.

Ich habe auf meinem Blog ja schon öfters Kritik (hier, hier oder hier) an den großen PM Verbänden geübt, insbesondere an PMI® (da ich jahrelang PMI Mitglied war). Dabei geht es mir im Kern um Folgendes:

  • Wenn sich Verbände tatsächlich der Weiterentwicklung und der Professionalisierung des Projektmanagements verpflichtet fühlen (siehe die entsprechenden Missions von PMI und IPMA), sollten sie sich meines Erachtens wesentlich stärker öffnen. Insbesondere sollten sie meines Erachtens als Wissens-Plattformen dienen, die mit Know-How und Standards sehr offen umgehen. Denn die Frage soll erlaubt sein: Warum sollen eigentlich nur Mitglieder vom Wissen profitieren?
  • Unbestritten ist, dass auch ein Verband ein Geschäftsmodell benötigt, um lebensfähig zu sein. Ich sehe in den Bereichen Zertifizierung, Aus- und Weiterbildung sowie Veranstaltungen genug wirtschaftliches Potenzial.
  • Von einer stärkeren Öffnung der Verbände würden aus meiner Sicht alle profitieren. Praktiker, Experten, Studierende und Lernende des Projektmanagements könnten sich mit den verschiedenen Themen auseinander setzen und sich vor allem auch in die Weiterentwicklung einschalten. Denn schon jetzt finden wichtige Weiterentwicklungen im Projektmanagement zu einem erheblichen Teil abseits der großen Verbände statt – beispielsweise jene in der „Agilen Community“.

Ich würde mich freuen, wenn das Thema innerhalb und außerhalb der Verbände kritisch und konstruktiv diskutiert wird.

Übrigens: Mein Blogger-Kollege Marcus Raitner hat genau aus diesem Grund die „OpenPM Initiative“ gestartet (weitere Infos hier). Ziel ist es, relevantes PM Wissen gemeinsam zu dokumentieren, zu entwickeln und zu teilen. Von der Praxis, für die Praxis. Es bleibt spannend!

Visual Facilitation beim PM Camp 11

Mein Kollege Guntram Bechtold hat beim PM Camp 2011 eine geniale Mitschrift nach dem Visual Facilitation Prinzip erstellt. Danke dafür!

Des weiteren finden Sie hier die Präsentationsfolien zu den Vorträgen anlässlich des ersten PM Camps für die D-A-CH Region.

Informationen zum PM Camp 2012 folgen in Kürze. Es bleibt spannend…

StrategicPlay® im Projektmanagement

Die regelmäßigen Leser/innen dieses Blogs werden es mitbekommen haben, dass ich Anfang des Jahres bei Katrin Elster in Hamburg ein StrategicPlay® Facilitator Training (powered by Lego™ Serious Play®) gemacht habe. Die Methode ist absolut großartig, um in Gruppen komplexe Problemstellungen zu bearbeiten und gemeinsame Bilder und Lösungsansätze zu entwickeln. Wir setzen die Methode in der Beratung vor allem in folgenden Bereichen ein:

  • Teamtraining / Teamregeln
  • Projektcoaching
  • Strategiefindung / Business Modelling
  • Führungskräfte-Trainings / Change Management

Besonders in der „Agilen Community“ – wenn ich das so sagen darf – wird StrategicPlay® mittlerweile schon vermehrt angewendet. Das hat auch mit der UnKonferenz „Play4Agile“ zu tun, die im Februar diesen Jahres erstmals in Rückersbach stattfand.

Empfehlung: StrategicPlay® Facilitator Training

Da ich so von der Methode und natürlich auch von Katrin Elster als Person begeistert bin, mache ich heute ganz schamlos Werbung für das nächste „StrategicPlay® Fundamentals – Facilitator Training“, das Anfang Dezember in Hamburg stattfinden wird.

Hier gibt’s weiterführenden Informationen.

Und hier können Sie sich zu dem Training anmelden.

Impressionen

Vortrag beim PM Camp 2011

Das PM Camp 2011 (3.-5.11.2011) ist vorbei, und es war ein großer Erfolg. Ein ausführlicher Veranstaltungsbericht folgt noch.

Wie angekündigt bestand das Programm beim Camp jeweils vormittags aus vorbereiteten Inputs und Vorträgen, und am Nachmittag folgten die offenen Barcamp-Sessions. Ich habe wieder mal meine Thesen zum Integrierten Projektmanagement präsentiert, da mir gerade dieses Thema ein besonderes Anliegen ist.

Die anschließende Diskussion war durchaus (auch) kontrovers, was mich besonders gefreut hat. Denn derartige Konzeptideen können sich nur entwickeln, wenn sie kritisch geprüft, hinterfragt und auch zum Teil widerlegt werden.

Einige Thesen des IPM-Ansatzes möchte ich kurz erläutern (wenngleich es wohl sinnvoller wäre, bei Gelegenheit dazu mal eine umfangreichere Publikation zu verfassen).

  • Es gibt sowohl in klassischen UND agilen Ansätzen gute Praktiken, Methoden und Prinzipien.
  • PM ist nicht richtig oder falsch, sondern es funktioniert oder eben nicht. Das „Funktionieren“ hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab (PM Anwendungsbereich und Kontext, beteiligte Menschen, spezifisches Projekt, Organisationskultur…).
  • Richtiges und gutes PM ist in der Regel einfach und schlank sein, damit es funktioniert.
  • Es gibt keine Patentrezepte. Das, was im einen Fall bestens funktioniert, kann im anderen Fall falsch sein.
  • Integriertes Projektmanagement versucht, einen Orientierungsrahmen für relevantes PM Wissen zu geben.
  • Horizontale Integration: Klassisches und agiles PM.
  • Vertikale Integration: Menschen in Systemen.
  • Die Inhalte und Grundlagen des IPM-Ansatzes sind nicht neu – lediglich die Konfiguration der Themen.

PPT-Folien

Hier die Folien zum Vortrag:

Screencast

Zusätzlich habe ich noch einen kleinen Screencast erstellt, um die einzelnen Folien kurz zu kommentieren.

Kritik

Nochmals: Das Modell zum Integrierten Projektmanagement hat den Charakter einer Diskussionsgrundlage. Ich freue mich über zustimmenden oder auch kritische Kommentare, Ergänzungen und Anregungen.

Zwischenstand: PM Software + Collaboration Tools

Vergangene Woche habe ich wieder mal eine Blitzumfrage gestartet. Ziel und Inhalt der Befragung war, welche PM und Collaboration Tools in Ihren Unternehmen eingesetzt werden. Klar ist, dass derartige Umfragen immer nur ein grobes Bild ergeben können. Trotzdem erhält man einen Eindruck, welche Tools in Projekten eingesetzt werden.

Es verwundert natürlich nicht, dass die Microsoft-Produkte (Office, Project, SharePoint) ganz vorne mit dabei sind. Etwas überraschend ist für mich immer wieder, dass MindMapping Tools so weit verbreitet sind. Diese Überraschung ist aber sehr positiv.

Dass spezifische PM und Mulit-PM-Lösungen (wie CanDo, in-Step, SAP PM oder netProject) in der Umfrage weiter hinten liegen ist insofern erklärbar, als dass diese Tools in der Regel erst ab einer bestimmten Unternehmensgröße bzw. Ausmaß der Projektorientierung (Anzahl, Komplexität, strategische Bedeutung von Projekten…) eingesetzt werden. Kleinere oder wenig projektorientierte Unternehmen können sich meist mit einfacheren Tools behelfen.

Nachtrag vom 5.11.: Überraschenderweise hat netProject von ibo stark aufgeholt.

Update vom 10.11. (Das Tool „Social PM“ hat in der Rubrik „Other“ bereits 12 Stimmen [=2,5%] erhalten):

Fazit: Ich bin davon überzeugt, dass es in den nächsten Jahren einen ziemlichen Umbruch in der PM-Software-Branche geben wird. Noch stärker in Richtung Web, einfacher, schneller und benutzerfreundlicher. Der Druck auf etablierte Anbieter wird weiter steigen, da es immer mehr kostengünstige Alternativen gibt. Die Bedeutung professioneller Beratung und Begleitung bei der Implementierung und Ausrollung der Tools wird aber weiter steigen.

PS: Übrigens wurden diese weiteren Tools unter „Other“ genannt:

PM Camp 2011: Morgen Abend geht’s los!

Seit einigen Wochen sind wir – das Orga-Team des PM Camp 2011 – mit großem Engagement dabei, einen professionellen Rahmen für spannende Gespräche, Vorträge, Barcamp-Sessions etc. vorzubereiten. Es ist alles pünktlich fertig geworden, und dank unserer Sponsoren konnten wir das erste PM Camp auch zu einem sehr günstigen Preis (99 EUR zzgl. USt.) anbieten.

Das eigentliche PM Camp startet am Freitag. Morgen wird’s aber bereits ein kleines Get Together geben (ab 19 Uhr). Wir freuen uns sehr, dass sich 70 Menschen aus unterschiedlichen Bereichen angemeldet haben. Dies hat unsere Erwartungen übertroffen, da wir ja voll und ganz auf Internet-Vermarktung gesetzt haben.

Hier einige erste Impressionen des Veranstaltungsortes, der FH Vorarlberg (Orientierungshilfe für die Teilnehmer/innen gibt’s übrigens hier):