(Bilderquelle: Marcus Raitner)
Geschichte, Vision und Sinnhaftigkeit von „Open-PM“ wurden in den letzten Wochen und Monaten in mehreren Beiträgen auf verschiedenen Blogs erläutert. Deshalb möchte ich an dieser Stelle nicht noch einmal darauf eingehen. Mir geht es vielmehr darum, aus ganz persönlicher Sicht nochmals ein paar grundsätzliche Punkte zu beleuchten, die mir im Zusammenhang mit Open-PM relevant erscheinen.
Rückblick
Ich muss mich über eine Sache schon richtig ärgern, damit ich mit meiner Kritik an die Öffentlichkeit gehe. Wichtig ist mir dann aber eine möglichst präzise und differenzierte Formulierung der zu beanstandenden Punkte, denn sonst gleitet die Diskussion leicht in eine unzulässige und pauschale Nörglerei ab – gerade in den neuen Medien. Ob diese Präzision im vorliegenden Fall geglückt ist, überlasse ich Ihrem Urteil.
Kurz: Ich habe mich im vergangenen Jahr über „meinen damaligen Projektmanagementverband“ PMI® geärgert. Ich empfand die Art und Weise, wie der weltgrößte PM Verband mit Wissen und im Speziellen mit PM Standards umgeht, einfach nicht mehr zeitgemäß. Wenn es den großen PM Verbänden wirklich um die globale Förderung und Weiterentwicklung des Projektmanagements geht, dann sollten diese Organisationen auch danach handeln. Mein subjektiver Eindruck hat sich in letzter Zeit aber verstärkt, dass es teilweise mehr um die Erreichung wirtschaftlicher Organisationsziele (oder sogar individueller Funktionärsziele?) geht, als um die konsequente Förderung der Menschen und Organisationen, die im Projektmanagement arbeiten.
Mein PM-Blogger-Kollege Marcus Raitner hat diese Diskussion zum Anlass genommen, die „Open-PM“ Initiative ins Leben zu rufen.
„Open-PM (#openpm) ist eine offene, frei zugängliche, unabhängige und nicht kommerzielle Plattform für Projektmanagement und alle, die an Projekten arbeiten. Aus der Praxis für die Praxis werden qualitativ hochwertige, interdisziplinäre, vielfältige und unter einer freien Lizenz nutzbare Tools und Prozesse als zentral verfügbares Know-How gesammelt, bereitgestellt und gemeinsam weiter entwickelt.„
Der offene, transparente und gebündelte Austausch von praxisrelevantem Wissen und Erfahrungen im Projektmanagement war schon lange überfällig. Ich freue mich sehr darüber, dass mit Open-PM nun der Anfang gemacht wurde. Ob die Idee in den nächsten Monaten wirklich „zum Fliegen“ kommt, wird sich zeigen. Ich bin optimistisch.
Ausblick
Im weiteren Prozess müssen meines Erachtens folgende „Nüsse“ geknackt werden:
- Menschen mit möglichst viel praktischer PM Erfahrung und Expertise müssen motiviert werden, sich an Open-PM zu beteiligen und ihr Wissen zu teilen.
- Gleichzeitig braucht es Strategie, einen Prozess und Strukturen (im Sinne eines Gremiums), welche die Qualität der Inhalte auf Open-PM sicher stellen.
- Mittelfristig sehe ich auch die Notwendigkeit, ein kleines aber feines Geschäftsmodell mit Open-PM zu verbinden, damit die Initiative langfristig wachstums- und überlebensfähig bleibt. Wichtig ist aber, dass die ursprüngliche Mission und Vision niemals aus den Augen zu verlieren.
Eine verhältnismäßig kleine „Nuss“ sehe ich auch noch darin, die Initiativen PM Camp und Open-PM sauber gegeneinander abzugrenzen. Denn aufgrund der großen Überschneidung der zu Grunde liegenden Wertehaltungen könnte es sonst zu Verwechslungen kommen. An der notwendigen strategischen Fokussierung arbeiten wir aber derzeit – ein Update wird schon in wenigen Wochen folgen.
Hallo Stefan,
im Nachhinein bin ich fasziniert, wie eins zum anderen passt: das PM-Camp als Plattform um openPM ins Leben zu rufen und ihm den nötigen Schwung zu verleihen. Auch wenn es anders aussieht: das ist alles relativ spontan aus dem Bauch heraus entstanden, weil es irgendwie stimmig war. Ich bin schon extrem gespannt, wie sich openPM entwickelt wenn die Plattform demnächst zur Verfügung steht.
Herzliche Grüße,
Marcus
@Marcus: Die wirklich „runden Sachen“ entstehen doch meistens aus dem Bauch heraus 😉
ich sehe die ganze Entwicklung mit Sorgen. Ich teile die Ansicht, dass man etwas bewegen muss und Veränderungen notwendig sind. Wenn sich aber alle normal denkenden Projektspezialisten mit Erfahrung wegen einer unschönen Entwicklung aus den Verbänden verabschieden und verschiedene zerfaserte Initiativen gründen, dann schadet das allen.
PM ist Mainstream geworden. Die Verbände (PMI, GPM) haben sich zu stark kommerzialisiert und diejenigen, die als Korrektiv wirken könnten laufen in Privatinitiativen (OpenPM, IAPM, etc.), während gleichzeitig die kommerziellen Schulungsanbieter die Ausbildung aushöhlen und durch eine wahre Flut an Zertifikaten diese entwerten (TÜV, iSQI, Dekra, etc.).
Sollten wir nicht versuchen die Veränderung mit Gleichgesinnten im System (im PMI, in der GPM) zu bewirken, als neue Initiativen zu gründen?
@Roland Spengler: An Ihrer Argumentation ist absolut was dran. Vielleicht sollte ich es mal mit einer GPM-Mitgliedschaft versuchen? 😉
Das wäre möglich und dann firmieren wir die openPM als eigene Fachgruppe innerhalb der GPM und können somit innerhalb des Verbandes die neuen Strömungen mit einbringen…
Roland Dürre hat gestern zu mir gesagt, dass dies durchaus des Nachdenkens wert wäre, dass er aber befürchtet, dass die Furcht vor der Vereinnahmung freie Denker von einer Beteiligung dann abschrecken könnte.
Auch da ist etwas dran, aber ich befürchte, dass das Abwandern der Kreativen die Verbände radikalisiert und erstarren lässt.
Hallo Roland, hallo Stefan,
„Es gibt kein richtiges Leben im Falschen.“ hat Adorno einst postuliert. Es ist meiner Meinung nach völlig verständlich, dass diejenigen die sich in den etablierten Verbänden nicht mehr so wohl fühlen, nach etwas geeigneteren umsehen. Das führt zu einer Reihe von „zerfaserten“ Initiativen und das ist auch gut so. Nur so werden verschiedene Modelle ausprobiert, die zunächst(!) in den etablierten Verbänden nicht lebensfähig wären oder ein Schattendasein fristen würden.
Die Zeit wird entscheiden, ob eine Initiative openPM lebensfähig und konkurrenzfähig ist. Wenn es am Ende dann dazu führt, dass ein funktionierendes Modell openPM in ähnlicher Form von einem Verband aufgegriffen und vielleicht sogar verbessert wird, ist uns allen geholfen. Ich sehe also das Abwandern und die Zerfaserung als notwendigen Schritt zur Innovation. Habe aber keinerlei Berührungsängste mit etablierten Verbänden. Im Gegenteil: jeder ist herzlich eingeladen bei openPM mitzumachen und mit uns Erfahrungen sammeln.
Herzliche Grüße,
Marcus
Hallo Marcus,
ja das hat was, darauf die Nachfrage gibt es schon Ideen eines Nachfolge-PM-Camps, oder bleibt es beim jährlichen Turnus im November? Konnte ja leider wegen familiärer Verpflichtungen nicht dabei sein.
Hallo Roland,
der jährliche Turnus soll erst Mal bleiben für das „original“ PM-Camp, aber es könnte ähnliche Veranstaltungen im selben Stile und basierend auf denselben werden aber von anderen Veranstaltern in der Zwischenzeit geben. Was genaueres weiß ich aber im Moment auch nicht. Wo auch immer, ich freue mich Dich dann dort zu treffen!
Herzliche Grüße,
Marcus