Prof. Dr. Markus Hengstschläger ist ein renommierter österreichischer Genetiker. Er setzt sich vehement für eine konsequente Individualisierung der Bildungs- und Entwicklungswege von Menschen ein. Die Gleichmacherei, von der gerade das mitteleuropäische Gesellschafts- und Bildungssystem besonders stark betroffen ist, muss endlich aufhören.
„Die Durchschnitts-Falle“ lautet der Titel von Markus Hengstschlägers neuem Buch. Darin plädiert er für ein gezieltes identifizieren und fördern von Talenten aber auch dafür, dass in der Regel harte und konsequente Arbeit damit verbunden ist, wenn man ÜBERdurchschnittlich gut in etwas werden möchte (im übrigen decken sich Hengstschlägers Thesen auch in vielen Bereichen mit jenen von Gerald Hüther oder Gunter Dueck).
Interview
Vor einigen Tagen führte Claudia Stöckel (im Bild rechts) vom österreichischen Radiosender Ö3 ein ausführliches Interview mit Prof. Hengstschläger. Dieses kann diese Woche noch hier online angehört werden oder jederzeit als Podcast auf iTunes herunter geladen werden. Nehmen Sie sich die knapp 40 Minuten Zeit, um das Interview anzuhören – es lohnt sich.
Warum dieses Thema auf dem PM-Blog?
Sie werden sich vielleicht fragen, was dieses Thema mit Projektmanagement zu tun hat? Ich denke sehr viel, denn seitdem ich mich intensiver mit den Büchern, Vorträgen und Thesen von Gerald Hüther, Gunter Dueck, Sir Ken Robinson, Manfred Spitzer, Markus Hengstschläger und anderen auseinander gesetzt habe, ist mir folgendes klar geworden: Wenn wir im Spitzensport, in der Medizin oder in der Spitzenforschung so unprofessionell und dilettantisch vorgehen würden, wie wir es häufig im (Projekt)Management tun, dann gäbe es dort de facto keine Spitzenleistungen. Umgekehrt erkennen wir gerade in diesen Bereichen, dass es neben Talent, unbändiger Leidenschaft für das Thema auch eiserne Disziplin braucht, um wirklich überdurchschnittlich gut – sprich exzellent – zu werden.
Genau das muss auch das Ziel im (Projekt)Management sein. Durchschnitt ist out. Exzellenz ist in.
Hallo Stefan,
schöner Vergleich, der mit dem Spitzensport … er hat mich sofort daran denken lassen, dass dort Höchstleistung auf Weltniveau ohne Doping – dessen gesundheitliche Langzeitrisiken kaum einzuschätzen sind – faktisch unmöglich ist.
Deshalb meine nicht 100% ernst gemeinte Frage: Wollen wir da wirklich hin?
Ich habe eine Durchaus gespaltene Haltung zu derlei Forderungen nach Spitzenleistung und bin mir nicht wirklich sicher, ob wir sie so nötig brauchen – siehe dazu den entsprechenden Auszug aus Affenmärchen.
Das soll nicht heißen, dass ich dagegen bin. Ich halte sie nur für einen mehrheitlich flüchtigen Moment, bei dem vieles zusammen kommt, damit es zu einer Spitzenleistung wird.
Das ist auch kein Plädoyer für Durchschnitt, ganz und gar nicht. Es ist nur die nachdenkliche Frage, ob im Umkehrschluss, wenn wir uns von Durchschnittlichkeit abwenden immer gleich Spitzenleistung dabei heraus kommen muss?
Kann es nicht auch schon ausreichen, sich selbst als der Mensch, der man ist, näher zu kommen?
Gruß
Gebhard
PS: Von dieser Nachdenklichkeit abgesehen, freue ich mich sehr über diesen Beitrag, der wieder einmal über den Tellerrand hinaus schaut ;)!
Hallo Gebhard,
natürlich ging es mir nicht darum, gedopte oder hochgezüchtete (Projekt)Manager/innen zu fordern. 😉 Mir ging es einzig und allein um die Tatsache, dass wir in Führung und Management häufig nicht dieselben Ansprüche an Professionalität und Qualität haben, wie dies in anderen Bereichen der Fall ist.
Viele Grüße,
Stefan
Hallo
Ohne dass ich mich jetzt gerade tiefer in die Thesen von Hrn. Hengstschläger reingelesen hätte, musste ich gleich an meine persönliche Erfahrung denken.
Ich war mal auf einer Realschule. Dort gab es eine ganze Reihe von Jugendlichen, die alle ein wenig aus dem Rahmen fielen, so oder so. Alle, wirklich alle von denen blieben mindestens einmal sitzen. Fast alle von denen haben später Abitur nachgeholt, studiert oder Firmen gegründet. Aber auf der Realschule hatten sie immer schlechte Noten.
Sehr gute Noten hatten auf der Realschule nur die mittelmäßig Begabten. Die zu fördern und zu integrieren war das System offensichtlich ausgerichtet, der Rest ging unter.
Hallo Stefan,
den Wunsch nach mehr Professionalität und mehr guten Leistungen im Projektmanagement teile ich uneingeschränkt. Gute Leistungen in Projekten haben aber auch sehr viel mit Talent zu tun. Talente aufzuspüren und dann gezielt zu fördern – genau das kann das Schul- und Bildungssystem (zumindest das deutsche) zur Zeit nicht leisten. Kosten- und Zeitdruck in den Schulen führen dazu, dass nur alle, die irgendwie aus der Norm fallen untergehen.
Die zentrale Frage in der Aus- und Weiterbildung ist für mich wie können möglichst viele Menschen ihre Talente finden und dann auch entfalten. Wenn das gelänge gäbe es ganz nebenher auch mehr gute „Projektmenschen“.
Zu Deiner fettgedruckten Frage / Aussage habe ich eine bittere Antwort. Zumindest in Deutschland wird in der Forschung noch dilettantischer agiert als in Projekten. Im Sport hingegen wird professioneller agiert – das liegt aber daran, dass mit erfolgreichen Sportlern schnell und viel Geld verdient wird. Die Aussicht auf Profit treibt die Verbände Talentsuche und Förderung zu betreiben – Spitzenleistung an sich ist kein Wert. Sobald eine Sportart aus dem medialen Fokus fällt sinkt das monetäre Potential und damit auch die Professionalität rapide.
LG Eberhard
S.g. Hr. Hagen,
der Vergleich von PM und Spitzensport ist IMHO nicht direkt möglich. Projekte sind für mich deutlich komplexer, als dies einzelne Sportarten sein können. Natürlich würde jeder Formel 1 Ingenieur widersprechen aber was ich hier meine ist die soziologische Komplexität eines (neuen) Teams, das temporär beschränkt Höchstleistungen bringen soll.
Ein weiterer ganz wichtiger Unterschied ist, dass Erfolg im Leistungssport viel einfacher und eindeutiger messbar ist. Es gibt genau einen Sieger und er/sie hat als einziges „Nichtziel“ nicht Zweiter zu werden.
Diese beinharte Differenzierung ist im PM deutlich schwieriger, weil sich der Erfolg/Misserfolg eines Projektes meistens nicht an nur einem Faktor ablesen lässt.
Das Thema „Gleichmacherei“ halte ich persönlich für eine deutlich übertriebene Hysterie mancher selbsternannter Bildungsexperten. Die Förderung von Talenten sollte immer noch den Eltern obliegen. Selbstverständlich ist ein bildungstechnischer Grundstock notwendig, um in der heutigen Gesellschaft zu bestehen. Ausgezeichnete (exzellente) Persönlichkeiten ließen sich aber nie durch Fehler im Bildungssystem aufhalten. Logischerweise gehören Talente gefördert aber nicht in einem ideologischen Sinn. Wie ganz richtig angeführt, ist „Talent“ zweitrangig. Ich denke, dass vor allem in der individuellen Freude an der kontinuierlichen, persönlichen Verbesserung der Grundstock für Exzellenz liegt z.B. Einstein WOLLTE Physiker werden, da brauchte es keine Förderung von extern.
Es hilft niemanden weiter, wenn sich (im Extremfall) bereits Kinder spezialisieren respektive Talente übertrieben stark betont werden. Dann haben wir ein Heer von „Fachidioten“, die es nicht schaffen über ihren Tellerrand hinaus zu blicken. Was auf jeden Fall diskussionswürdig ist, sind die Inhalte dieser universellen Bildung/Ausbildung.
Es gibt Dinge, die im Jahr 2012 einfach nicht mehr zeitgemäß sind. In diesem Sinne halte ich es für sinnvoller obsolete (demotivierende) Inhalte zu entfernen und stattdessen sinnvolles, weil allgemein anwendbares, Wissen zu vermitteln. Ähnlich wie bei Projektteammitgliedern, und hier schließt sich der Kreis, sind Kinder durch den Wegfall von demotivierenden Inhalten (und Lehrern…) intrinsisch motiviert und müssen nicht durch eine herbeigeredete Talenteförderung/Incentives motiviert werden.
lg
Günter
Hallo Hr. Bachbauer,
vielen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar.
Offensichtlich wurde mein Vergleich mit dem Spitzensport missverstanden. Mir ging es um das Verständnis und Bewusstsein von Professionalität. SELBSTVERSTÄNDLICH sind die Berufe (Sportler/innen vs. Führungskräfte bzw. (Projekt)Manager/innen) inhaltlich nicht vergleichbar.
Bzgl. Ihrer Skepsis in puncto „Gleichmacherei“ bin ich deutlich anderer Meinung. Es ist Fakt, dass unsere Gesellschaft wesentlich zu wenig Wert auf die Vielfalt der menschlichen Talente und deren Förderung legt. Das beginnt im Elternhaus und setzt sich im Bildungssystem und in sämtlichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systemen fort.
Der Schluss, dass ausgezeichnete Persönlichkeiten nicht durch ein Bildungssystem aufgehalten werden konnten, mag partiell stimmen. Doch der Denkfehler liegt meines Erachtens darin, dass vermutet wird, dies würde immer so funktionieren. Hier bin ich davon überzeugt, dass immer noch eine dramatische VERNICHTUNG von menschlichen Talenten in den verschiedenen sozialen Systemen passiert.
Spezialisierung: Auch hier bin ich anderer Meinung. Es ist doch absolut unbestritten, dass alle Kinder wichtige Basisfähigkeiten (schreiben, rechnen, soziale Fähigkeiten…) im Bildungssystem erlernen müssen. Bei der Förderung von Talenten geht es vielmehr darum, auf dieser GRUNDLAGE Menschen in jenen Themen dort Raum für Entwicklung zu geben, in denen sie besondere Leidenschaft entwickeln.
Der letzte Absatz Ihres Kommentars zeigt mir klar, dass wir uns missverstanden haben. Denn:
– Natürlich bin auch ich für die Elimination demotivierender Faktoren.
– Selbstverständlich heißt das Fördern von Talenten eben genau NICHT, dass Menschen durch Incentives motiviert werden oder zu Spezialist/innen künstlich hochgezüchtet werden.
Abschließend möchte ich nochmals betonen, dass der Vergleich zum Spitzensport lediglich vor dem Gesichtspunkt der Professionalität gemeint war. Nicht mehr, und nicht weniger.
Viele Grüße!
Stefan Hagen
Hallo Kommentatoren, hallo Stefan!
Ich freue mich, dass das Thema überlebt hat!
Vielen Dank für die hilfreichen Kommentare aus denen ich folgende heraus greifen möchte, um den Gedanken weiter zu entwickeln:
1. Eberhard hat geschrieben:
„Zumindest in Deutschland wird in der Forschung noch dilettantischer agiert als in Projekten. Im Sport hingegen wird professioneller agiert – das liegt aber daran, dass mit erfolgreichen Sportlern schnell und viel Geld verdient wird. Die Aussicht auf Profit treibt die Verbände Talentsuche und Förderung zu betreiben – Spitzenleistung an sich ist kein Wert. Sobald eine Sportart aus dem medialen Fokus fällt sinkt das monetäre Potential und damit auch die Professionalität rapide.“
Alles, was ich dazu in den letzen Tagen im Netz recherchieren konnte deutet darauf hin: Diese Aussage stimmt.
Das würde bedeuten: Auch im Spitzensport oder in der Wissenschaft reden wir von einigen wenigen Leuchttürmen, die eben im medialen Fokus stehen und deshalb unsere Aufmerksamkeit genießen. In der Masse (im Schnitt sozusagen) sind diese Bereiche nicht exzellenter oder weniger exzellent als die Protagonisten der Wirtschaft/ des Projektmanagements.
Eine Frage, die sich mir bei meiner Recherche gestellt hat war: Ist wirtschaftliche Exzellenz nicht zu einem Gutteil die Fähigkeit, andere überdurchschnittlich blenden zu können?
2. Eberhard und Stefan sind sich darüber einig, dass wir ein professionelleres Projektmanagement gut gebrauchen könnten. Ich habe dazu mal in WIkipedia nachgeschaut, wie Professionalität so umschrieben wird. Man liest dort:
„Im Allgemeinen erwartet man von einem Profi eine formale Qualifikation und eine höhere Leistung als von einem Amateur.
Einem Profi werden professionelle Eigenschaften zugesprochen. Die Vorstellungen von Professionalität gehen im Allgemeinen mehr oder weniger weit über festgeschriebene berufliche Anforderungen hinaus: Es wird ein erhöhtes Maß an Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten, eine besondere Problemlösungskompetenz und eine ausgeprägte professionelle Distanz von einer Person erwartet, wenn sie – unabhängig von der Tatsache, dass sie über ihre Tätigkeit Einkünfte bezieht – als „Profi“ bezeichnet wird. Es bezeichnet auch eine Rollenerwartung. Dabei bezeichnet der Begriff solche Fähigkeiten, Kenntnisse oder Verhaltensweisen, die man in Bezug auf die Ausübung oder Durchführung einer Tätigkeit von einer Person (einem „Profi“) erwarten könnte, für die diese Tätigkeit den Schwerpunkt der beruflichen Arbeit bildet:
die Fachkenntnis einer Fachkraft (in Abgrenzung zum Laientum oder auch zur umgangssprachlichen Verwendung des Begriffs Dilettant) und daraus folgend das Wissen um die Konsequenzen des eigenen beruflichen Handelns („Ein Profi weiß, was er tut.“) sowie die Fähigkeit zur Ablehnung von Aufgaben, die aufgrund der eigenen Fähigkeiten nicht mit ausreichender Qualität bearbeitet werden können (Kenntnis der eigenen Fähigkeiten und Grenzen)
das Können (beispielsweise das professionelle Spiel eines Musikers)
die Ausführung einer Tätigkeit durch Personen, die für diese eine zertifizierte Ausbildung nachweisen können.“
All dies zielt – und hier stimme ich einer eher passiv vorgetragenen These von Eberhard zu – auf Gewinnerzielung, ja vermutlich mehrheitlich -maximierung ab. Das wir das wirklich brauchen, sehe ich eher kritisch und in einem klaren Widerspruch zu der anderen stark vorgetragenen These: Es geht darum individuelle Talente zu entdecken und zu fördern.
Meine Fragen an der Stelle sind:
Wozu soll mehr Professionalität im PM dienen?
Hilft mehr Professionalität im PM uns dabei, bessere Menschen zu werden?
Diese Fragen sind keineswegs als ketzerisch zu verstehen und wirklich, wirklich ernst gemeint!
Meine These: Um Talente erkennen und fördern zu könen und um bessere Menschen zu werden brauchen wir Unterdurschnittlichkeit und Toleranz für Abweichungen, wir brauchen Raum für Anfängerfehler und -im Vergleich zur Professionalität nach Wikipedia- Dummheit.
Streben nach Exzellenz und Überdurchschnittlichkeit sollte nach dieser Vorstellung ein von innen kommendes Wollen ein persönlicher Wunsch sich selbst zu erfüllen sein (gerade so wie vermutlich bei den Realschulsitzenbleibern, die später doch noch was geworden sind), dem Raum zur Entfaltung gegeben wird. Es sollte demnach keine gesellschaftliche Vorgabe oder Erwartung sein.
In diesem Abschnitt von Affenmärchen befasse ich mich ausführlicher mit dem Widerspruch zwischen Professionalität und Menschlichkeit.
3. Beißt sich hier nicht die Katze in den Schwanz?
Wenn wir – was für mich in diesem Beitrag anklingt – über (Massen-)Ausbildung und Wissensvermittlung das heutige Niveau des Projektmanagements zu einer – nach heutigen Maßstäben – breiten Exzellenz erhöhen, wird es dann nicht so sein, dass es wieder ein paar wenige Noch-Exzellentere geben wird und eine Masse an Durchschnittlichen, die im Vergleich zu diesen Wenigen erneut wie Dilettanten aussehen?
Ist das nicht schlicht das Gesetz der gauß’schen Glockenkurve?
Und wäre es da nicht sinnvoller, sich dieser Glockenkurve erst gar nicht zu unterwerfen, wenn wir wahrhaftig Talente erkennen und fördern wollen?
Und wie steht es mit den Menschen, die zwar für eine Sache (beispielsweise Projektmanagement) ein Talent haben aber etwas ganz anderes (wie etwa Lyrik) machen wollen?
Ich komme also zurück zu der Frage: Was sind unsere Ziele, wenn wir Projektmanagement professionalisieren wollen?
Wollen Projektmanager einfach weniger Stress in Ihren Projekten haben?
Das kann ich gut nachvollziehen und würde es mir auch ab und an mal wünschen. Damit wäre allerdings auch ca. 50% meines Einkommens zumindest gefährdet ;).
Wollen wir besser, schneller, effizienter und vor allem profitabler unseren Planeten zu einem Ort machen, an dem die Menschheit nicht mehr überleben kann?
Das zumindest ist es, was ich heute mehrheitlich sehe. Wer hat schon die ernsthafte Möglichkeit (geschweige denn das Wollen oder auch nur das Recht), die wahre Sinnhaftigkeit von Projekten, die sie/ er managed, zu hinterfragen?
Wollen wir uns dabei helfen, bessere Menschen zu werden?
Wäre schön, sehe ich allerdings nicht … ;).
Fazit:
Vielen Dank Stefan, dass Du das Thema aufgebracht hast. Je länger ich im Kontext der mir bekannten Welt -also nur einem marginalen Teil der Wirklichkeit- darüber nachdenke, umso klarer wird mir: Nein, ich wünsche mir keine verstärkte überdurchschnittliche Exzellenz und Professionalität im Projektmanagement. Zumindest nicht, bevor die mir bekannte Welt eine Katarsis mit einem selbstkritischen Reflexionsprozess durchlaufen hat ;)!
Gruß
Gebhard
Guten Morgen Hr. Hagen,
danke für Ihre Antwort! Offensichtlich gab es hier wirklich ein Missverständnis :-).
Was die Vielfalt der Talente angeht, bin ich bei Ihnen. Ich glaube es ist für die meisten Menschen einfach sehr schwer überhaupt die erst einmal die *eigenen* Talente zu finden. Es heißt zwar immer, dass *jeder* über Talente verfügt aber die muss man erst mal finden – zuerst bei sich und dann bei anderen. Das muss definitiv besser werden.
„Hier bin ich davon überzeugt, dass immer noch eine dramatische VERNICHTUNG von menschlichen Talenten in den verschiedenen sozialen Systemen passiert.“ Ich stimme Ihnen auch hier zu aber meiner Erfahrung nach verlassen sich viele (nicht alle!) darauf, dass es schon „irgendwer anderer“ richten wird. Insgesamt kann man aber weder positiv noch negativ verallgemeinern.
Die Frage, die ich mir eigentliche stelle ist, ob wir in einer Gesellschaft leben, die überhaupt eine Förderung von Talenten wünscht oder ob es nicht eher gewünscht wird, dass man möglichst wenig „aneckt“? Wenn ich mir ansehe, wie Menschen mit eigenem Willen/Ideen behandelt werden, dann stimmt mich das doch eher nachdenklich.
lg
Günter S. Bachbauer
Guten Morgen Herr Bachbauer,
wenn es darum geht, Talente zu entdecken und zu fördern, kann ich aus eigener Erfahrung folgendes sagen:
Nach mehr als 15 Jahren Engagement in der Jugendarbeit der Pfadfinder, die sich genau diesen Wunsch zum Ziel ihrer Pädagogik gemacht haben, bin ich mir sicher: JEDE(R) hat Talente und Fähigkeiten in einer Kombination, die sie/ ihn einzigartig und wertvoll für andere machen.
Was häufig fehlt ist die Freiheit, den eigenen Wünschen in der Erfüllung dieser Talente und Fähigkeiten nachzugehen und die Einsicht, dass alles Talent in Konsequenz vergeudet ist, wenn es nur dazu dient, damit den eigenen Nutzen zu befriedigen.
Beide Mängel bedürfen meines Erachtens, im Gegensatz zu den allgemeinen Forderungen die ich höre nach mehr Bildung und Verantwortlichkeit, mehr Toleranz und (fremd-) kulturelle Erfahrungen.
Auch hierzu zwei Textstellen aus Affenmärchen, die das verdeutlichen:
– Toleranz und Identität
– (fremd-)kulturelle Erfahrungen
Grüße
Gebhard Borck
Hallo Gebhard,
ich würde das mit der Profesionalität gar nicht so hoch hängen. Das Umproffessionelle ist meistens noch viel schlimmer – anstatt viel Text gibt es einen Cartoon zum Thema 😉
http://www.pentaeder.de/projekte/2012/02/06/projekt-cartoon-professionelles-pm/
LG Eberhard
Hallo Gebhard,
sorry für die verspätete Antwort zu Deinem Kommentar von vor einigen Tagen. Hier meine Gedanken:
ad 1. Beim Vergleich mit dem Sport ging es mir insbesondere um das intensive Training, das notwendig ist, um an die Spitze (= Leuchttürme) zu kommen. Im (Projekt)Management erfolgt diese intensive Auseinandersetzung mit persönlichen Potenzialen und Fähigkeiten sowie Erfolgsprinzipien noch viel zu selten.
ad 2. Es ist unbestritten, dass Menschlichkeit (respektive menschenwürdiges Handeln) häufig zu Lasten der Wirtschaftlichkeit / Gewinnmaximierung geht. Auch beim Thema „Raum zum Lernen“ stimme ich Dir zu. Allerdings bin ich davon überzeugt, dass Menschen und soziale Systeme eine gewisse Spannung benötigen, um lernen zu können bzw. eine höhere Reifestufe erreichen zu können. Mihaly Csikszentmihalyi hat mit seinem „Flow-Prinzip“ hierzu eine wichtige Grundlage geschaffen. Der von mir hochgeschätzte Heinz Peter Wallner hat zu diesem Thema einen hervorragenden Blogbeitrag geschrieben.
ad 3. Was sind unsere Ziele, wenn wir das (Projekt)Management verbessern wollen? Ganz ohne Ironie: Bessere Teams, bessere Projekte, bessere Organisationen, bessere Gesellschaften, eine bessere Welt.
Und „besser“ meine ich immer in Bezug die „weichen“ und die „harten“ Faktoren.
Viele Grüße und danke für die spannende Diskussion!
Stefan