Via Twitter wurde ich auf eine Studie der Münchner Unternehmensberatung SCOPAR aufmerksam gemacht, deren Ergebnisse ich für recht interessant halte. Der Titel lautet: „10 Business-Killer – und 30 Maßnahmen zur Vermeidung“ (PDF-Download).
Gut, die Bezeichnung „Studie“ ist bei einer Grundgesamtheit von 100 befragten Personen (Führungskräfte, Mitarbeiter, Wissenschaftler und Berater) wieder mal etwas vermessen. Aber die Ergebnisse decken sich durchaus in weiten Teilen mit meinen praktischen Erfahrungen und daraus resultierenden Überzeugungen.
Ergebnisse
- Vision und Strategie: Gerade in Zeiten dynamischer Veränderungen benötigen Menschen Orientierung und eine klare Ausrichtung an übergeordneten Zielen, Normen und Werten. Strategische Unternehmensplanung darf aber heutzutage nicht mehr nur abstrakt und „value-driven“ sein, sondern die Führungskräfte, Mitarbeiter/innen und Anspruchsgruppen müssen auch emotional erreicht werden.
- Leadership: Schlechte Führung ist einer DER Erfolgs-Killer in Unternehmen. Indikatoren sind u.a. fehlende Wertschätzung, mangelhafte und wenig vertrauensvolle Kommunikation, Machterhalt oder Problem- statt Lösungsorientierung. Viele Führungskräfte agieren schlichtweg unprofessionell. Meine Persönliche Meinung: Hier gibt es richtig was zu tun.
- Kommunikation: Die soziologische System- und Organisationstheorie geht davon aus, dass soziale Systeme durch Kommunikation überhaupt erst entstehen bzw. erhalten bleiben. Persönliche Kommunikation wird in diesem Zusammenhang immer die wichtigste Form bleiben. Allerdings ergeben sich durch neue Technologien auch neue Möglichkeiten zu Gestaltung einer offenen, partizipativen und transparenten Informations-, Kommunikations-, Führungs- und in letzter Konsequenz auch Organisationskultur. Ich halte Wikis in diesem Kontext für eine der effektivsten Technologien.
- Organisation: Die meisten Unternehmen sind nach wie vor nach dem organisatorischen „Bauplan“ des 20. Jahrhunderts konzipiert: Aufbau- und Ablauforganisation nach einem funktional-hierarchischen Strickmuster. Zukünftig wird jedoch die Bedeutung adaptiver Strukturen weiter steigen. Eine konsequente Qualitäts-, Prozess- und Projektorientierung bildet hierbei quasi das Fundament moderner Organisationen. Allerdings müssen diese Strukturen zunehmend integrativ, agil und dezentral interpretiert werden. Quasi die Lernende Organisation 2.0.
- Priorisierung: Die ständig weiter zunehmende Informationsüberflutung geht vielerorts Hand in Hand mit einer fehlenden Priorisierung von Informationen und Aufgaben. Die wirkliche Herausforderung ist aber nicht, zu entscheiden, was zu tun ist sondern vielmehr, zu entscheiden, was man zukünftig NICHT mehr macht.
- Veränderung: Fehlendes Change Management oder schlecht geführte Veränderungsprozesse ist einer DER Erfolgs-Killer schlechthin. Allerdings hängt dieser Punkt auch unmittelbar mit allen anderen Erkenntnissen der SCOPAR-Studie zusammen. Denn wirkungsvolle Veränderungsprozesse erfordern vor allem mutige und professionell agierende Führungskräfte. Hier schließt sich dann der Kreis.
- Kompetenz: In der vernetzten Gesellschaft müssen wir Wissen, Kompetenzen und vor allem auch den Professionalitätsbegriff neu definieren. Prof. Dr. Gunter Dueck hat dies mit seinem jüngsten Werk „Professionelle Intelligenz“ getan. Lesetipp!
- IT: Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien stellen heutzutage wichtige Erfolgsfaktoren dar. Allerdings sollten Unternehmen im wahrsten Sinne des Wortes nicht „planlos“ an das Thema heran gehen, sondern IT-Strategien ausgehend von der Geschäftsvision und -strategie, den Prozessen sowie den spezifischen Unternehmensstrukturen entwickeln.
- Informationsfluss: Wir ertrinken in Informationen, allerdings fehlen häufig die richtigen und wichtigen Informationen. Diese Problematik hat mehrere Dimensionen. So können Schwachstellen mit menschlichem Verhalten bzw. Missverhalten zu tun haben (z.B. Information = Macht). Oder es bestehen weder schlüssige Strategien noch geeignete Systeme und Tools, wie relevante Informationen in Unternehmen generiert, verteilt und entwickelt werden können.
- Kunden- und Wettbewerb: Fehlende Ausrichtung an den Bedürfnissen der Kunden – ein Klassiker. Obwohl dieser Punkt aber schon seit Jahrzehnten gebetsmühlenartig propagiert wird, handeln viele Unternehmen noch nicht nach dieser Maxime.
Fazit
Wie bereits eingehend erwähnt sind die Punkte nicht revolutionär neu. Trotzdem – oder gerade deswegen – sollten wir sie ernst nehmen. Denn das Business-Umfeld wird zukünftig sicher nicht einfacher werden, sondern Komplexität, Dynamik und Innovationsgeschwindigkeit werden weiter zunehmen.
Um eines am Ende dieses Artikels noch klar zu stellen: Derartige Studien und Artikel haben auch immer einen Hauch von „Management-Bashing„. Menschen wie ich stellen sich vermeintlich über die vielen Verantwortungs- und Entscheidungsträger da draußen, die Tag für Tag hart daran arbeiten, einen Beitrag zum „Gelingen“ in ihren Organisationen zu leisten. „Ich sage Euch, wie’s richtig geht„, dieser Eindruck könnte hier entstehen.
So ist’s aber überhaupt nicht gemeint. Denn ich weiß sehr wohl, dass es verdammt schwierig ist, soziale Systeme zu gestalten, Menschen in sozialen Systemen wertschätzend zu führen und gleichzeitig den Erfolg und damit die Überlebensfähigkeit der Organisation sicher zu stellen. Genau weil es aber so schwierig ist, sollten wir offen für einen gemeinsamen Lern- und Entwicklungsprozess. Genau die für nachhaltiges Lernen notwendige Offenheit und Reflexionsfähigkeit vermisse ich aber in der Praxis leider allzu oft.