Wie neulich angekündigt findet heute live ab 13 Uhr der PM Lunch mit Dr. Roland Ottmann vom PM Verband IAPM – International Association of Project Managers statt. Worum geht es?
Themen des heutigen PM Lunchs:
- Welche Funktion haben PM Verbände?
- Worin unter sich IAPM von anderen Verbänden?
- Was spricht für eine Mitgliedschaft bei IAPM – was für eine Zertifizierung?
- Sind PM Zertifizierungen überhaupt noch up-do-date?
Hier können Sie die bisherige Geschichte von IAPM in einer übersichtlichen Timeline nachlesen.
Leider haben wir nicht erfahren, wie es kommt, dass es eine IAPM gibt, bzw. warum ein langjähriges IPMA Verbandsmitglied und Herausgeber eines Standardwerkes auf einmal in einem Verband auftaucht, der (nur zufällig?) sich durch einen Buchstabendreher unterscheidet?
Ich glaube nicht, dass wir Projektmanagement weiter professionalisieren, wenn wir zusätzliche Verbände gründen, die wieder eigene Zertifizierungen gründen. Aus der Coaching Szene habe ich mit dieser Zersplitterung da leidvolle Erfahrungen, lasse mich aber gern eines Besseren belehren…
Also worum geht’s: mehr desselben, die Gründung einer neuen „PM-Schule“und (nur?) der Versuch für sich selbst mehr vom Zertifizierungskuchen zu bekommen – oder ist die IAPM ein Unterschied der für unsere PM Community einen wirksamen Unterschied schafft?
Olaf, Du hast recht: Die von Dir aufgezählten Fragen wurden nicht beantwortet.
Die Frage, die mich beschäftigt, ist: Wie können wir das Projektmanagement weiter entwickeln und professionalisieren? Wenn Verbände nicht die Antwort sind, schaffen es dann die neuen, netzwerkartigen Initiativen wie openPM oder PM Camps? Ich befürchte, das wird bei weitem nicht reichen…
Sehr geehrter Herr Hinz,‘
zu Ihrem Kommentar würde ich mich gerne noch persönlich zu Wort melden. Natürlich konnten Stefan und ich in einem 30-minütigem Gespräch nicht alle Punkte besprechen, die mich persönlich oder die IAPM betreffen, deswegen hier meine Antwort.
Warum ich mittlerweile als Vorsitzender des Fachbeirates für die IAPM tätig bin, hat mehrere Gründe. Der gewichtigste ist, dass mir die Schwerfälligkeit der etablierten PM-Verbände und deren Hang zur Vergeistigung des Projektmanagements immer mehr aufgestoßen ist. Die Auseinandersetzung mit dem Lehrstoff machen unsere Projektmanager gerne, weil es ihnen Spaß macht Neues zu lernen und besser zu werden. Kein Spaß ist es für diese Leute, sich durch 3.000 Seiten Fachliteratur „PM3“ zu ackern – die aktuell empfohlene Vorbereitungsliteratur für das GPM-Assessment. Die Rückmeldung auf fünfbändige Buch, war im Training immer wieder zu hören: „Das ist zu viel und zu theoretisch!“
Heute müssen sich Projektmanager auf internationale Projekte vorbereiten, doch „PM3“ gibt es nicht in englischer Sprache. Darüber hinaus gibt es unter dem Schirm der IPMA zwar viele nationale PM-Zerts, aber alle zertifizieren anders. Da ich sehr viele internationale PM-Trainings halte, sind diese Unterschiede bei den Zertifizierungen immer ein Ärgernis, dass es kein Lehrmaterial in englischer Sprache gibt, war ein Hindernis. Allerdings nicht bei IAPM, dort gibt es für mich als PM-Trainer alles in Topqualität, tradiertes oder agiles PM, deutsch oder englisch, alles kein Problem.
Weiterhin habe ich oft festgestellt, dass es für Menschen, die vielbeschäftigt sind und eine Zertifizierung ablegen möchten, einfach unpraktisch ist, teilweise durch ganz Deutschland zu einer Prüfung zu reisen um an diesem einen Tag da zu sein. War beispielsweise einer der Teilnehmer krank, entstand daraus gleich ein ziemliches Problem.
Außerdem habe ich mich schon immer am Rezertifizierungszwang gestört, der meiner Meinung nach vor allem den Zertifizierungsstellen einen Vorteil bringt, weniger aber den Projektmanagern. Seit 2007 wird selbst der Level D in die Rezertifizierung einbezogen und dabei leider ein Mehrwert für den Zertifikanten geboten, der gegen Null geht, aber viel kostet! Mich würde hier einmal interessieren, wie viele der in den aufgeblähten Zertifikatszahlen, der APM Group (Prince2), IPMA oder PMI überhaupt ein gültiges Zertifikat halten?
Als ich von der IAPM erfahren habe, haben mich der Verband und ihre Konzeption gleich interessiert, was nicht verwunderlich ist, wenn man die von mir o.g. Punkte kennt. Ich habe die Zertifikate als Senior Project Manager und Trainer für IAPM-Zertifizierungen erworben (und mein Zertifikat als Senior Projektmanager Level B der IPMA niedergelegt! Beiläufig, mein IPMA-Zertifikat trug die Nr. 95-001, das heißt ich habe mich ab 1994 vorbereitet und 1995 das erste Zertifikat abgelegt. Das war lange bevor ich in ein offizielles Amt der GPM oder IPMA gewählt wurde). Dadurch habe ich natürlich einen ganz anderen Einblick in die Prozesse der IAPM bekommen. Ob als Projektmanager oder als PM-Trainer, das System überzeugte mich voll umfänglich
Der Rezertifizierungszwang fällt weg, da die IAPM davon ausgeht, dass ein Projektmanager, der seinen Job ernst nimmt, selber dafür Sorge trägt, sich weiterzubilden. Das Credo der IAPM lautet hier: „Das Abitur oder das Diplom legt man auch nur einmal ab“. Auch das hat mir gefallen, denn die IAPM verzichtet hier freiwillig auf eine gute Einnahmequelle – oder soll ich besser sagen auf eine „Gelddruckmaschine“?
Die Prüfung wird online abgelegt, was ich in der heutigen Zeit für einen großen Vorteil erachte. Ein Unternehmen kann sich frei entscheiden, ob es seine Mitarbeiter an einem Ort zeitgleich versammeln möchte, oder ob die Mitarbeiter von zuhause oder wo auch immer sie sich befinden, ihre Prüfung ablegen möchten. Für die Beantwortung der Prüfungsfragen hat der Prüfling nur sehr wenig Zeit, er muss die Antworten also wirklich wissen. Auch kann er keine Frage noch einmal durchgehen. Wenn er einmal eine Antwort gegeben hat, lässt sich dies nicht mehr korrigieren. Ich selbst habe dies so erlebt – und die Zertifikanten, die wir zur Prüfung der IAPM bringen, bestätigen immer wieder, dass die Prüfungen sehr anspruchsvoll sind. Die Prüfung kann man gut bestehen, wenn der Stoff sitzt. Ich ergänze: und wenn der Stoff für die Zertifizierung sitzt, sitzt er auch für die Praxis als Projektmanager. IAPM will anwendbares Projektmanagement und fähiges Projektmanagementpersonal – Ziele somit erreicht!
Die Prüfungsergebnisse werden quasi maschinell ermittelt, durch die Datenbank der IAPM, es gibt keinen Prüfer, der einem wohlgesonnen ist oder eben nicht. Auch diese Objektivität halte ich für sehr wertvoll. Weiterhin hat die IAPM den Vorteil, dass sie die Kosten für ihre Zertifizierungen abhängig macht vom Bruttoinlandsprodukt des Landes, dessen Staatsbürgerschaft der Zertfikant hat. Das fand ich einen interessanten Ansatz, da so wirklich gewährleistet ist, dass sich Unternehmen bzw. Menschen auf der ganzen Welt eine Zertifizierung leisten können und niemand ausgeschlossen wird.
Die IAPM an sich gibt es schon seit 1997, aber formal etabliert wurde sie erst 2010. So kommt es, dass sie in Deutschland noch sehr unbekannt ist, aber daran wird gearbeitet. Jeder Neuling hat es zunächst schwer, und jede Organisation hat einmal angefangen. Ich persönlich rechne der IAPM sehr große Chancen zu, in den nächsten Jahren sehr gut voranzukommen. Deshalb habe ich mich in der IAPM in den letzten Jahren persönlich sehr engagiert, weit über meinen Status als Trainer hinaus. Dieses Jahr wurde ich dann zum Vorsitzenden des Fachbeirats ernannt und lasse meine jahrzehntelange Erfahrung als Autor, Trainer und Coach mit einfließen. Selbstverständlich verdiene ich als Trainer, Coach oder Berater Geld, meine Leistungen für die IAPM sind, wie die beispielsweise der Officials allerdings ehrenamtlich.
PMI, IAPM, IPMA, APM, PMA, AIPM … Der Buchstabendreher, wie Sie es nennen, ist unglücklich, trifft aber ganz offenbar eine ganze Reihe international agierender PM-Organisationen. Vor Jahren gab es eine rechtliche Auseinandersetzung bezüglich der Markenrechte, die von der IPMA gegen die IAPM geführt wurde. Die IAPM hat den Rechtsstreit beim deutschen und europäischen Patentamt in allen Punkten gegen die IPMA gewonnen. Der Ansatz der IAPM ist ein ganz anderer als der der IPMA. Die Patent- und Markenämter sahen keine Verwechslungsgefahr!
Die IAPM hat keine zahlenden Mitglieder sondern erzielt ihre Einnahmen ausschließlich über die Zertifizierungen. Diese Einnahmen kommen den Zertifikanten wiederum in Form von Tagungen und Meetings (u.a. IPMM – International Project Manager Meeting und NWM Network Meetings) zugute, die für Projektmanager der IAPM meist kostenfrei sind. Auch stellt die IAPM Unterlagen wie den PM Guide 2.0 und den Agile PM Guide 2.0 kostenlos, für jedermann zugänglich, auf der Website zur Verfügung. Das kenne ich so von anderen Verbänden auch nicht.
Natürlich kann auch eine IAPM aus einem schlechten Projektmanager keinen guten Projektmanager machen, aber durch die harte Prüfung und die Pflicht des Nachweises jahrelanger Erfahrung im Projektmanagement, spricht vieles dafür, dass die Prüfungen der IAPM nur besteht, wer wirkliches Wissen und Erfahrung nachweisen kann.
Ob die IAPM die Projektmanagement-Szene verändern wird, wird sich zeigen. Aber durch ihre schlanke Struktur und ihre fähigen Mitarbeiter, die alle direkt aus der Praxis kommen, kann die IAPM wesentlich schneller auf neue Trends reagieren als eine Gesellschaft, die seit Jahren eingetretene Pfade geht. Es wird kontinuierlich an neuen, kostenlosen Unterlagen gearbeitet, Feedback von Projektmanagern und Zertifikanten wird, wenn möglich, direkt umgesetzt. Die IAPM kann zumindest die Zertifizierungen, die, wie wir alle wissen, manchmal unumgänglich sind, zeitgemäßer und moderner gestalten und somit einen Mehrwert für alle Projektmanager bringen.
Es wäre phantastisch, Sie lieber Herr Hinz für die IAPM begeistern zu können, es gibt viel zu tun, das deutsche Projektmanagement schreit nach Hilfe, die wir – d.h. Sie und ich – zusammen mit der IAPM bieten können.
Beste Grüße,
Dr. Roland Ottmann
Hallo Herr Ottmann,
nach dem Urlaub sehe ich Ihre Antwort und bedanke mich…
…gleichzeitig fürchte ich, dass sie mich nicht für die IAPM „begeistern können“, weil meine Erfahrungen mich lehren, dass man Probleme von berufsständischen Organisationen in der Regel nicht dadurch löst, dass man eine neue gründet.
Viele Ihrer Anmerkungen zur deutschen GPM (z.B. zur Sinnhaftigkeit der PM3 und zur „Offenheit von Standards“) teile ich – und viele die mich kennen, wird das auch nicht überraschen. So wie die GPM aufgestellt ist, wird sie die PS ihrer Mitglieder nicht auf die Straße bringen…
Meine „Change“ Reaktion ist es, meine Vorstellungen innerhalb des Verbandes anzubringen – daher habe ich mich entschlossen für das Kuratorium der GPM zu kandidieren, u.a. um die Veränderungen, die die neue Struktur mit sich bringt, mit meinen Change Management Erfahrungen zu begleiten.
Hallo Herr Hinz,
super! Meine Stimme für das Kuratorium der GPM haben Sie. Einige generelle Anmerkungen sollen mir dennoch gestattet sein:
1. Die GPM ist keine berufsständische Vertretung, sondern ein Fachverband. Damit stellt die IAPM tatsächlich im Vergleich zur GPM keine „neue“ berufsständische Vertretung dar, denn die GPM ist keine „alte“ berufsständische Vertretung.
2. Die IAPM wurde nicht kürzlich gegründet, sondern besteht als Zusammenschluss von internationalen Projektmanagern bereits seit mehr als 16 Jahren.
3. Die GPM verfolgt gemäß Satzung als Ziel, Projektmanagement in Deutschland zu fördern (Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement), der Zweck der IAPM liegt laut Satzung hingegen in der Förderung der Projektmanager weltweit (International Association of Project Managers).
Wie auch immer, wenn Sie sich nach vier, acht oder vielleicht sogar zwölf Jahren Arbeit im Kuratorium der GPM mürbe gelaufen haben, freue ich mich darauf Sie bei der IAPM willkommen zu heißen. Bis dorthin hat die IAPM neue und innovative Leistungen für Projektmanager entwickelt und der GPM, IPMA, PMI, APM, PMA und wie sie alle heißen ein wenig Konkurrenz gemacht.
Wie wir beide wissen belebt Konkurrenz den Markt und in unserem Fall unterstützt sie Projektmanger und bricht verkrustete Strukturen auf.
Viele Grüße
Roland Ottmann
PS: Der GPM gelang es nach mehr als dreißig Jahren Facharbeit nicht, zumindest soviel Reputation aufzubauen, dass einer Ihrer Vorstände in die PM-Expertenkommission der Bundesregierung berufen worden wäre. Wenn Sie jetzt sagen, ja, aber Dr. Rainer Schofer (Mitglied der GPM) sitzt doch im erlauchten Kreis von mehr als dreißig PM-Experten, muss ich entgegenhalten, dort kam er wegen seiner Funktion im Deutschen Verband der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft e.V. (DVP) hin. Dies hingegen ist ein Fach- und Berufsverband! Mit sage und schreibe insgesamt 284 Mitgliedern (1. Mai 2013).