Schon seit längerer Zeit setze ich mich intensiv mit der Frage auseinander, wie Projekte in unserer komplexen und dynamischen Welt erfolgreich geführt und koordiniert werden können. Denn meine Überzeugung ist: Projektmanagement muss sich im 21. Jahrhundert wandeln und weiter entwickeln.
Damit meine ich nicht, dass bisheriges Wissen und bewährte Praktiken obsolet geworden sind. Im Gegenteil: Gutes und richtiges (Projekt)Management ist wichtiger denn je. Trotzdem ist müssen wir uns bewusst sein, dass der Grad an Planbarkeit in Projekten tendenziell abnimmt. Der professionelle Umgang mit Unsicherheit und Komplexität wird in Zukunft ein Schlüssel zum Erfolg sein.
Beim PM Camp 12 in Dornbirn habe ich die Frage zur Diskussion gestellt, ob wir uns „im Projektmanagement überhaupt die richtigen Fragen stellen„? Diese Frage möchte ich – knapp ein Jahr später, nochmals aufgreifen.
Denn ich glaube tatsächlich, dass wir uns leider noch viel zu häufig mit den falschen Fragen beschäftigen. Oder etwas präziser formuliert: Die „guten alten PM Prinzipien und Methoden“ sollten wir natürlich weiter entwickeln und in der Praxis anwenden. Aber diese sind – wie es Gunter Dueck beschreiben würde – „Commodity“ geworden.
In Zukunft werden wir uns u.a. mit folgenden Fragen intensiver beschäftigen müssen:
- Wie können Projekte professionell geführt werden? (nicht nur ge-managed).
- Wie bringen wir Stabilität, Ruhe und Sicherheit in Projekte, obwohl das Umfeld teilweise hyper-komplex ist?
- Wie können wir das Potenzial der Menschen in Projekten bestmöglich nützen? Oder anders formuliert: Wie können wir die enorme Verschwendung menschlicher Potenziale endlich stoppen?
- Wie muss das Umfeld von Projekten gestaltet werden, damit Projekte gelingen können?
- Sind agil geführte Vorhaben überhaupt „Projekte“? Denn agile „Projekte“ haben ja eigentlich gar kein klar definiertes Ziel.
- Von welchen Disziplinen und Wissensfeldern kann Projektmanagement etwas lernen? (z.B. Design Thinking, Art of Hosting, Systemisches Führungs- und Organisationsverständnis…)
Einige dieser Fragen werden wir beim PM Camp 13 in Dornbirn diskutieren. Das sollten Sie sich nicht entgehen lassen 😉
Hallo Stefan,
Ich freue mich auch schon wieder auf den Austausch in Dornbirn. Und ich bin überzeugt wir werden in den Diskussionen trotz wiederholter Auflage der Themen neue Ebenen erreichen.
Da ist bloß ein Punkt, den ich bereits jetzt gerne anmerken möchte. Abseits der meines Erachtens völlig daneben liegenden Konzepte, Hyperproduktivität zu erlangen (denn: Systeme sind komplex, Menschen sind keine Maschinen, das was wir messen bekommen wir auch, daher: Hyperproduktivität ist Quatsch), stehen Agilität und Projektmanagement nicht entgegen.
Ich auf meiner Seite lege die Fragestellung anders an: sind jene Dinge, die wir als „Projekte“ bezeichnen überhaupt Projekte? Wie oft diskutiert wird der Begriff „Projekt“ inflationär verwendet und dient meistens jedem Zweck, zu dem eine Zeiterfassung möglich ist.
Per Definition hat sich das Projektmanagement jedoch von Grund auf jenen Vorhaben verschrieben, die einmalig, einzigartig, unberechenbar sind – sowohl in puncto der tatsächlichen Ergebnisse, wie auch der Durchführung. Nicht das smarteste Ziel, nicht das ausgefeilteste GANTT-Chart kann die faktische Komplexität eliminieren. Was es dazu braucht ist ein anderes Gedankengerüst, ein auf Hypothesen basierendes kontinuierliches Explorieren. Und genau das ist es, was wir mittlerweile mit Agilität, diversen Werten und Prinzipien zu erlangen versuchen.
Meines Erachtens haben agile Projekte sehr wohl klare Ziele, sehr klare sogar. Ja, sie stehen in Einklang mit der Realität – komplexen Umwelten. Sie erwarten aber gleichzeitig, dass es – je länger ein Projekt dauert – in diesem Umfeld dynamische Änderungen geben wird. Und genau das entspricht meines Erachtens dem ursächlichen Projektbegriff.
Wird der Projektbegriff hingegen verwässert und für eine repititive Tätigkeit verwendet, so braucht es das natürlich eher nicht. Wenn wir zum tausendsten Mal eine zwar komplizierte aber recht überschaubare Anlage aufbauen (und selbst da haben wir es mit Unberechenbarkeiten zu tun), dann braucht es hier ggf. weniger agile Ansätze, vielleicht aber auch nicht den Projektbegriff. Hier passt vielleicht ein Begriff wie „Projektverwaltung“ besser.
Doch man soll auch den Tag nicht vor dem Abend loben – die größten Katastrophen ereignen sich dort, wo komplexen Problemstellungen mit vermeintlich vereinfachten Ansätzen für Planung und Führung begegnet wird.
Hallo Mike,
danke für Deine Gedanken! Ich stimme Dir voll und ganz zu. Mit Ausnahme eines Punktes: Wenn Du schreibst, dass agile Vorhaben „klare, sehr klare Ziele“ haben, so steht impliziert dies für mich, dass komplexe Vorhaben planbar sind. Das sind sie aber nicht – zumindest nicht vollständig.
Ich frage mich: Warum ist es so wichtig, jederzeit „klare Ziele“ zu haben? Können wir nicht auch mal ein komplexes Problem angehen, ohne klare Ziele vor Augen zu haben, wie die Lösung aussehen könnte? Oder müssen wir einfach noch besser unterscheiden zwischen Zielen (im Sinne von Lösungen, Ergebnissen) und angestrebten Wirkungen? Denn ich denke, dass die angestrebten Wirkungen (im Sinne von Outcome-Zielen) in vielen Fällen einfacher zu beschreiben sind als die konkreten Lösungen.
In jedem Fall halte ich dies für ein spannendes Thema für das PM Camp 13 in Dornbirn 😉