Authentizität kann schlecht für die Karriere sein

Gerade habe ich in der Zeitung des Vorarlberger Wirtschaftsbundes einen interessanten Artikel mit dem Titel „Authentizität ist im Job gar nicht gefragt“ gelesen. Der Autor geht auf ein aktuelles Buch von Rainer Niermeyer, seines Zeichens Wirtschaftspsychologe, ein. „Mythos Authentizität: Die Kunst, die richtigen Führungsrollen zu spielen“ heißt das Werk, das im Sept. 2008 im Campus Verlag erschienen ist.

Die Kernthese ist durchaus provokant und kontrovers: Hr. Niermeyer ist davon überzeugt, dass insbesondere Manager/innen dafür bezahlt werden, eine Rolle (überzeugend) zu spielen. Dadurch vermitteln sie Sicherheit und Stabilität, auch in unsicheren Zeiten. Der weit verbreiteten Meinung, dass gerade Authentizität ein Allheilmittel gegen Frust, Führungsprobleme und stockende Change-Prozesse ist, erteilt Niermeyer eine klare Absage.

Obwohl ich Authentizität und Ehrlichkeit für unabdingbare Eigenschaften in allen Lebenslagen halte, kann ich dieser „Anti-These“ durchaus etwas abgewinnen. Denn bedingungslose Authentizität kann vom Umfeld sehr wohl als Schwäche interpretiert werden – gerade in Führungsetagen. Und man kann behaupten, was man will: Schwäche zu zeigen ist in Managementpositionen langfristig sicherlich nicht karriereförderlich!

Abschließend denke ich, dass die „Wahrheit“ – wie so oft – in der Mitte liegt. Wenn Authentizität als Ehrlichkeit (oder etwas hochtrabender als „Wirtschaftsethik“) interpretiert wird, so ist dies ein elementar wichtiger Wert in der Wirtschaft aber auch in der Gesellschaft allgemein. MEHR DENN JE! Gleichzeitig suchen Menschen in schwierigen, dynamischen und risikobehafteten Zeiten aber auch nach starken Führungspersönlichkeiten, die eine klare Richtung und damit Stabilität und Vertrauen vermitteln. Allzu menschliche Schwächen passen dazu nicht. Die logische Konsequenz ist, dass Manager/innen auch an vermeintlich schlechten Tagen diese Stabilität und Sicherheit vermitteln müssen und sollen.