Agile bzw. Scrum in der Hardware Entwicklung

Viele unserer Kunden entwickeln und verkaufen technische Lösungen. Die Bedeutung von Software steigt auf Produkt-, Prozess– und Geschäftsmodellebene kontinuierlich an. Da ist die Frage naheliegend, ob agile Frameworks wie Scrum auch jenseits der Softwareentwicklung einsetzbar sind? Die Antwort lautet ganz klar: Jein!

  • Ja deshalb, da agile Verfahren auch in HW-lastigen Entwicklungsprojekten sehr viele Vorteile mit sich bringen können.
  • Nein deshalb, da agile Verfahren häufig nicht 1:1 gleich wie in reinen SW-Entwicklungsprojekten angewandt werden können.

Lesetipps

Zum Einlesen in die Thematik empfehle ich folgende Blogbeiträge oder Artikel:

  • Boris Gloger hat vor einiger Zeit dazu einen sehr guten Beitrag geschrieben. Beispielsweise macht er klar, dass auch in agilen SW-Entwicklungsprojekten vorausschauende Planung sehr wichtig ist.
  • Die Kolleg/innen von CO-Improve Consulting beschreiben die Rolle von Agile Coaches in HW-Entwicklungsprojekten.
  • WIKISPEED ist ein überaus cooler Case. Hier wird kollaborativ und auf methodischer Basis von Scrum ein Auto konstruiert und gebaut (Video).

Community of Practice am Bodensee

Wir planen, zu dem Thema eine Community of Pratice zu organisieren. Hierzu wüssten wir gerne:

  • Wer kennt Beispiele / Unternehmen, die bereits Erfahrungen mit Agile / Scrum in HW-Entwicklungsprojekten gesammelt haben?
  • Wer hätte Interesse, an einem organisierten Erfahrungsaustausch teilzunehmen? (Ort: Bodenseeraum / Dreiländereck D-A-CH; Zeit: ca. Mai 2018).

Wir freuen uns über Feedback (per Kommentar) und Rückmeldungen.

7 Thesen zur Zukunft des Projektmanagements

Projektmanagement ist die wichtigste Arbeits- und Organisationsform zur systematischen Bewältigung komplexer und neuartiger Aufgabenstellungen. Mit dieser Absicht zumindest wurde die Managementmethode in der Mitte des 20. Jahrhunderts eingeführt.

Seither hat sich einiges getan. Wenn man den Prognosen der Zukunftsforscher Glauben schenken darf, befinden wir uns mitten im Übergang in ein neues Zeitalter der menschlichen Evolutionsgeschichte – vielfach als “vernetzte Gesellschaft” bezeichnet. Die Digitalisierung ist die treibende Kraft für die explosionsartige Zunahme der Vernetzungsdichte auf der Welt. Dies hat tiefgreifende Auswirkungen auf Gesellschaft, Politik und Wirtschaft.

In diesem Blogbeitrag möchten wir, Olaf Hinz – Heiko Bartlog – Stefan Hagen, 7 Thesen zur Zukunft des Projektmanagements zur Diskussion stellen. Wir orientieren uns dabei

  • an dem, was wir in unserer beruflichen Projektpraxis tagtäglich erleben,
  • an für uns überzeugenden Denkmodellen zu Komplexität sowie
  • an Eindrücken aus unzähligen Diskussionsrunden mit Praktikern, Entscheidern und Querdenkern.

Die “7 Thesen zur Zukunft des Projektmanagements” verstehen wir als Versuch der Verdichtung von Tendenzen, die uns offensichtlich und logisch erscheinen. Im Zuge der Ausarbeitung der Thesen haben wir uns deshalb immer wieder die Frage gestellt: “Ist diese Erkenntnis nicht trivial? Zu trivial?” Doch genau diese Zweifel waren ausschlaggebend, dass wir schlussendlich an die Relevanz genau dieser Punkte geglaubt haben.

Auf eine rege, konstruktiv-kritische Diskussion freuen wir uns sehr.  „7 Thesen zur Zukunft des Projektmanagements“ weiterlesen

Fragen zur Zukunft des Projektmanagements

Schon seit längerer Zeit setze ich mich intensiv mit der Frage auseinander, wie Projekte in unserer komplexen und dynamischen Welt erfolgreich geführt und koordiniert werden können. Denn meine Überzeugung ist: Projektmanagement muss sich im 21. Jahrhundert wandeln und weiter entwickeln.

Damit meine ich nicht, dass bisheriges Wissen und bewährte Praktiken obsolet geworden sind. Im Gegenteil: Gutes und richtiges (Projekt)Management ist wichtiger denn je. Trotzdem ist müssen wir uns bewusst sein, dass der Grad an Planbarkeit in Projekten tendenziell abnimmt. Der professionelle Umgang mit Unsicherheit und Komplexität wird in Zukunft ein Schlüssel zum Erfolg sein.

Beim PM Camp 12 in Dornbirn habe ich die Frage zur Diskussion gestellt, ob wir uns „im Projektmanagement überhaupt die richtigen Fragen stellen„? Diese Frage möchte ich – knapp ein Jahr später, nochmals aufgreifen. „Fragen zur Zukunft des Projektmanagements“ weiterlesen

Turn-Around PM – Der Countdown läuft.

Seit einigen Monaten arbeiten Roger Dannenhauer, Torsten J. Koerting und Michael Merkwitza an ihrem Buch „Turnaround – Wenn Projekte kopfstehen und klassisches Projektmanagement versagt“. Das Projekt ist insofern bemerkenswert, als dass es

  • kollaborativ entstanden ist (40 Co-Autoren, diverse offene Workshops),
  • der Bucherstellungsprozess im Internet transparent gemacht wurde und
  • das Buch überaus innovativ und ansprechend gestaltet wurde.

turnaround-pmAm 15. Oktober 2013 ist es nun soweit: Das Buch wird offiziell im Handel zu kaufen sein. Bis dahin werden ab jetzt wöchentlich Auszüge aus dem Buch kostenlos zum Download zur Verfügung gestellt. „Turn-Around PM — Der Countdown läuft.“ weiterlesen

Hypothesen zur „Organisation der Zukunft“

Angesichts der Diskussion rund um das Thema „Enterprise 2.0 / Projektmanagement 2.0“ ist es mir wichtig klarzustellen, dass es dabei natürlich nicht primär um die lächerliche Technologie geht. Vielmehr geht es um die Frage, unter welchen strategischen, strukturellen und kulturellen Rahmenbedingungen (=Ordnungsmomente) Organisationen ihren Auftrag bestmöglich erfüllen können.

Oder anders ausgedrückt: Wie muss die „Organisation der Zukunft“ gestaltet sein, um unter den neuen Umfeldbedingungen lebensfähig zu sein?

Ich möchte einige meiner Hypothesen dazu kurz darlegen.

Exkurs: Kreativität

Als Hinführung zur Beantwortung der obigen Frage empfehle ich dieses Video von Prof. Dr. Peter Kruse (ca. 7:30 Min). Er legt in dem Video seine Sichtweise dar, wie Kreativität in Organisationen entstehen kann:

Wichtige Aspekte, die im Video mit Prof. Kruse vorkommen:

  • Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Variablen in sozialen Systemen –> Kreativität (und auch Organisationskultur) sind beispielsweise indirekte Variablen!
  • Ziel und Anspruch: Schaffung indirekter Möglichkeitsräume; Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen
  • intelligente / kreative Systeme sind in der Lage, neue Verhaltens- und Prozessmuster zu schaffen (= Innovation)
  • komplexe Ordnungsmuster entstehen durch Vielfalt und das bewusste Zulassen von Störungen
  • Entscheidend sind Rückkopplungsmechanismen durch Vernetzung + Diversität, sprich die Vielfalt von Kompetenzen, Zugängen, Meinungen…
  • Die Komplexität und Dynamik innerhalb des Systems muss mindestens so groß sein wie die Komplexität und Dynamik am Markt! (= Ashby’s Law)
  • Erfolgsprinzipien: Achtsames Beobachten, hohe Interaktivität, hohe Rückkoppelungsdichte, hohe Vielfalt im System.
  • Kreative Netzwerke: Erregung (Creator) – Lösungsbildung (Owner) – Bewertung (Broker)

Ergänzend dazu empfehle ich diese Sequenz desselben Kruse-Interviews: „Führung“ (Management von Stabilität + Instabilität)

Organisation der Zukunft

Die Organisation der Zukunft muss beides können:

  • Management von Stabilität / Verwerten des Bekannten: Wertschöpfung, standardisierte Geschäftsprozesse, Hierarchie, Wettbewerb, Profit und Liquidität…
  • Management von Instabilität / Erlernen des Neuen: Innovation, Projekte, Heterarchie, Kooperation…

Bereits im Jahr 1998 hat Prof. Dr. Markus Reihlen hierzu einen Artikel mit dem Titel „Die Heterarchie als postbürokratisches Organisationsmodell der Zukunft?“ publiziert (PDF-Download). Hier verwendet er u.a. diese beiden Bilder – die aktueller scheinen denn je:

Duales Führungssystem © Markus Reihlen

Prof. Reihlen skizziert in weiterer Folge für ein „duales Führungssystem„, um die Überlebensfähigkeit von Organisationen in Zukunft gewährleisten zu können:

Duales Führungssystem © Markus Reihlen

Es werden wohl tagtäglich hunderte Abhandlungen zu dem Thema geschrieben, aber dieses Bild der „Organisation der Zukunft“ erscheint mir persönlich sehr einleuchtend zu sein.

Nicht entweder oder, sondern sowohl als auch! Wir müssen die guten Erfolgsprinzipien der vergangenen Epochen beherrschen und gleichzeitig das Neue Willkommen heißen und mutig  integrieren.

Ziemlich genau dieses Bild habe ich übrigens auch von der „Zukunft des Projektmanagements“ 😉

Enterprise 2.0 – Auf dem Weg zur „Organisation der Zukunft“

Abschließend möchte ich noch eine gedankliche Brücke zum Thema „Enterprise 2.0“ schlagen.

Meine Hypothese ist, dass die Frage nach der Organisation der Zukunft in weiten Teilen dieselben Themen abdeckt wie die Frage nach der Entwicklung hin zum Enterprise 2.0. Ich möchte dies nochmals an den Wirkfaktoren in Organisationen begründen (siehe diese Präsentation, Folie 9):

  • Environment & Context: In der Organisation der Zukunft wird es entscheidend sein, die sich laufend verändernden Umfeldbedingungen achtsam zu beobachten und auszuwerten. Neue Technologien und die damit einhergehende informationelle Vernetzung (Web 2.0, Social Media, Social Software…) stellt in diesem Zusammenhang einen Quantensprung dar, sowohl in Bezug auf die interne wie auch die externe Perspektive.
  • Corporate Behaviour: Die Organisation der Zukunft kann nur dann überlebensfähig sein, wenn sie dem Systemumfeld einen Nutzen bietet. Dieser Nutzen entsteht durch konkretes Handeln der Organisationsmitglieder. Diese wertschöpfenden Prozesse werden zukünftig noch kollaborativer und fachübergreifender erfolgen müssen, da die Produkte und Dienstleistungen in sich komplizierter geworden sind. Neue Technologien können Kommunikation und Zusammenarbeit entscheidend erleichtern und unterstützen.
  • Corporate Potentials: Der Treibstoff der Organisation der Zukunft ist Wissen und Kompetenz. Eine der zentralen Herausforderungen wird es sein, die „richtigen“ Menschen für die Organisation zu gewinnen und diesen ein entwicklungsförderndes Umfeld zur Verfügung zu stellen. Offenheit, Transparenz und eine reflexive Haltung sind in diesem Zusammenhang Grundvoraussetzungen. Neue Technologien können Lern- und Entwicklungsprozesse entscheidend fördern und beschleunigen.
  • Corporate Culture: „Kultur“ verstehe ich als die Summe der (aus der Vergangenheit resultierenden) Gewohnheiten, Rituale und Glaubenssätze in sozialen Systemen. Die Organisation der Zukunft geht reflektiert mit seiner Kultur um. Führungskräfte sind sich bewusst, dass sie mir ihrem Verhalten Kultur prägen und langfristig beeinflussen können. Neue Technologien können natürlich auch die gelebte Kultur in Organisationen verändern. Beispielhaft genannt werden kann der vertrauensvolle Umgang mit Informationen.
  • Corporate Values: Werte bestimmen – ähnlich wie die Kultur – das Denken und Handeln in Organisationen. Die Organisation der Zukunft orientiert sich an den systemischen Prinzipien Ordnung, Zugehörigkeit und Achtsamkeit. Diese Orientierung prägt auch die gelebten Werte. Neue Technologien haben natürlich keinen direkten Einfluss auf diese Werte, sehr wohl aber einen indirekten.
  • Corporate Identity: Das Selbstverständnis der Organisation der Zukunft kann höchst vielfältig sein, das es eng mit der jeweiligen Entstehungsgeschichte zusammen hängt. Hier stellt sich die Frage, ob die Integration und aktive Anwendung neuer Technologien ein Teil der spezifischen Identität ist oder nicht.
  • Corporate Mission: Die Organisation der Zukunft generiert ihre Kraft, Energie und Leidenschaft aus dem Auftrag, den sie sich selbst gibt. Dabei orientiert sie sich am Bedarf im jeweils übergeordneten System (≠ nur Kundensystem). Der Einsatz neuer Technologien kann nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn dadurch ein Beitrag zur Realisierung der Mission entsteht (Beispiel: Wikipedia)

Fazit

  • Wichtig ist, die Hierarchie Logik der genannten Ebenen (= Wirkfaktoren in Organisationen) zu beachten. Lern- und Entwicklungsprozesse müssen VON UNTEN NACH OBEN gestaltet und geführt werden. Wenn eine Veränderung auf einer Ebene erzielt werden möchte, ist jeweils ein Ebenenwechsel um mindestens eine Stufe nach oben notwendig.
  • Ab der Stufe „Corporate Culture“ beginnen die häufig nur unbewusst wahrgenommenen Wirkfaktoren. Es braucht aber eine bewusste Auseinandersetzung mit diesen Themen, um Veränderung und Lernen in Organisationen zu ermöglichen.
  • Die Umsetzung wiederum erfolgt VON OBEN NACH UNTEN. Wichtig ist hierbei das Verständnis, dass Potenziale und schlussendlich verändertes Verhalten nicht vorgegeben werden können. Es können lediglich die Rahmenbedingungen geschaffen werden (eben durch die übergeordneten Ebenen), damit die Organisation der Zukunft entstehen kann.

Neue Technologien (= Social Software) haben das Potenzial, Organisationen auf allen Ebenen zu verändern. Dieser Organisations- und Personalentwicklungsprozess muss aber strategisch gestaltet, stringent geführt und mutig umgesetzt werden. 

Analoge und digitale Welt.

Mir war bewusst, dass ich mit dem kürzlich veröffentlichten Blogpost „Enterprise 2.0 – Es geht um die Werte.“ ein ziemlich großes Fass aufmache. Trotzdem – oder gerade deswegen – habe ich es gemacht, denn ich halte das Thema für praktisch alle Unternehmen und Organisationen für sehr relevant.

Vorab möchte ich mich für all die tollen, anregenden und bereichernden Kommentare und Gedanken von Peter Addor, Markus Pfefferle, Gebhard Borck, Conny Dethloff, Marcus Raitner und Bernhard M. Scheurer bedanken! Ich werde meine Sichtweise zu den verschiedenen Aspekten in einigen Blogbeiträgen schrittweise konkretisieren. Heute möchte ich mit der Metapher „analoge und digitale Welt“ beginnen.

Digitale Parallelwelt durch informationelle Vernetzung

Peter Addor wirft in seinem Kommentar eine Reihe von Fragen auf, was meine Metapher mit der analogen und der digitalen Welt angeht. Diese möchte ich wie folgt aufgreifen:

  • Ich hatte im ursprünglichen Artikel geschrieben: „Für mich fühlt es sich so an…„. Diese Formulierung habe ich deshalb gewählt, weil die Metapher mit der analogen und der digitalen Welt nicht wissenschaftlich nachprüfbar ist. Die treffendere Formulierung wäre wahrscheinlich gewesen: „Mein Bild ist es…„. Denn es gibt durchaus überprüfbare Indikatoren für das Vorhandensein einer digitalen Parallelwelt. Aber es handelt sich – bei mir – derzeit lediglich um ein starkes inneres Bild, das sich durch ein Leben in beiden Welten in den letzten 10 Jahren entwickelt hat.
  • Die analoge Welt ist nicht „realer“ oder „weniger real“ als die digitale Welt. Aber die digitale Welt kann immer nur ein Spiegelbild der analogen Welt sein. Denn wirkliches Leben spielt sich (derzeit noch) ausschließlich in der analogen Welt ab. Trotzdem sind Kommunikation, Zusammenarbeit, Austausch etc. in beiden Welten real vorhanden (mit der Einschränkung, dass wir ohnehin nie von einer „objektiven Realität“ ausgehen können).
  • Die digitale Welt fungiert häufig als Verstärker oder Katalysator für die analoge Welt. Das, was analog vorhanden ist, kann in der digitalen Welt verstärkt werden – im positiven wie auch im negativen Sinne.
  • Natürlich wird die analoge Welt immer bestehen. Mit der digitalen Welt kommt lediglich eine neue Dimension dazu. Ja, Peter Addor, ein Enterprise 2.0 hat meines Erachtens die analoge und die digitale Welt in ihre Realität / in ihr soziales System integriert.
  • Ein zentrales Erfolgsprinzip (in Wirtschaft, Politik, Gesellschaft…) wird es zukünftig sein, das Zusammenspiel zu verstehen und die wirkungsvolle Verschränkung der analogen und digitalen Welt gestalten zu können.
  • Ja, Markus Pfefferle, selbstverständlich geht es immer (in der analogen und der digitalen Welt) um Kommunikation. Und ja, durch die informationelle Vernetzung wird zeitverzögerte Kommunikation ermöglicht.
  • Denken und Handeln sollte sich sowohl in der analogen als auch in der digitalen Welt an „guten, menschlichen und aufgeklärten Werten“ orientieren.
  • Eigentlich ist die Bezeichnung „Parallelwelten“ nicht wirklich korrekt. Vielmehr überlagern sich die beiden Welten zunehmend, die verschmelzen sogar miteinander. Und sie beeinflussen sich gegenseitig: Denn die Entwicklungen und Innovationen in der Digitalen Welt beschleunigen wesentlich den gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Wandel in der analogen Welt.

Auswirkungen und Nutzen

Es gibt verschiedene Bezeichnungen und Auffassungen, was die Relevanz der angesprochenen Entwicklungen angeht. Prof. Dr. Dirk Baecker spricht vom anbrechenden „vernetzten Zeitalter„, Prof. Dr. Claus Eurich sieht das „integrative Zeitalter„, Paul Conneally nennt es „digital humanisation„, und auch der ehemalige britische Premierminister nennt es die Chance auf eine „globale Ethik„, die durch die Digitalisierung ermöglicht wird.

Aus meiner Sicht liegt die wahre Chance in der integrativen Betrachtung und Nutzung der neuen digitalen Möglichkeiten. Ich wünsche mir, dass sich Wissenschafter und Praktiker verschiedener aller Denk- und Wissensdisziplinen (Soziologie, Systemtheorie, Philosophie, Theologie, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Naturwissenschaften, Kommunikationslehre…) mit den Auswirkungen der entstehenden digitalen Welt beschäftigen. Dies sollten sie aber nicht getrennt voneinander, sondern vielmehr miteinander tun.

Die Vision dieser Auseinandersetzung und Entwicklung sollte keine geringere als diese sein: Eine bessere Welt für alle Menschen.

***

Nachtrag vom 8.8.2012: Gerade lese ich auf Google+ dieses Zitat:

I see software as the testing ground for the future, a place where we can put on our training wheels and get our ethics right and develop cultural and social norms for how technology should relate to humans.” – Jonathan Harris

Passt doch irgendwie, nicht?

(Danke an +Jens Hoffmann)

Was zeichnet ein innovatives Unternehmen aus?

Zukunft-Innovation ist eine Initiative von 3M. Blögger, ein originelles Portal österreichischer Blogger, unterstützt die Initiative mit einer Blogparade. Da wollte ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, an der Blogparade teilzunehmen und die Initiative auf diese Art und Weise zu unterstützen. Ich habe meine Gedanken zu dem Thema in Form von 10 Hypothesen formuliert.

Innovative Unternehmen sind lebendige, lernende soziale Systeme

Ich möchte mit einem ganz einfachen aber sehr grundsätzlichen Gedanken beginnen: Unternehmen sind soziale Systeme. Als solche können sie nur überleben, wenn sie im Austausch mit ihrer Umwelt etwas schaffen, was für diese „von Wert“ ist. Da sich die Umwelt aber laufend verändert, müssen sich natürlich auch Unternehmen diesen Veränderungen anpassen – evolutionär oder auch radikal. Das ist es, was wir im weiteren Sinne als „Innovation“ bezeichnen.

Komplexe Umwelten

Wie können Unternehmen nun aber sicher stellen, dass sie innovativ sind und bleiben? Auf diese einfache Antwort gibt es selbstverständlich keine triviale Antwort. Denn als soziale Systeme sind Unternehmen komplex, und vor allem ist auch die Umwelt, in der sich Unternehmen bewegen, in zunehmendem Maße komplex. Innovation muss sich dieser Komplexität und Vielfalt stellen und lernen, mit ihr umzugehen.

HYPOTHESE 1) Innovative Unternehmen verfügen über vielfältige sensorische Elemente und Instrumente, die es ihnen ermöglichen, Entwicklungen in ihrer Umwelt wahrzunehmen, zu interpretieren, zu prognostizieren und sich mit ihnen zu vernetzen. Nur so können sie es schaffen, ihre komplexe Umwelt (einigermaßen) zu verstehen, zu „fühlen“ und effektiv darauf zu reagieren.

Innovation kultivieren

Winfried Berner schreibt in seinem hervorragenden Change Guide: „Kultur macht einen Unterschied – nicht nur für das Wohlbefinden, sondern auch in harten betriebswirtschaftlichen Zahlen.“ Dies gilt sowohl für die Unternehmenskultur als auch spezifisch für die „Innovationskultur“ in einer Organisation.

Weiter bietet Berner drei Definitionen an:

  • „Kultur ist die Summe aller gemeinsamen und selbstverständlichen Annahmen, die eine Gruppe im Laufe ihrer Geschichte erlernt hat. Sie ist der Niederschlag des Erfolgs.“ (Ed Schein)
  • „Kultur ist die Summe der Gewohnheiten einer Organisation.“ (Michael Löhner)
  • „Kultur ist der ‚Charakter‘ eines sozialen Systems, d.h. die Art, wie es auf die großen und kleinen Fragen des Lebens antwortet. Sie ist das Produkt der Entscheidungen, die es im Laufe seiner Entwicklung in Reaktion auf kritische Erfahrungen getroffen hat.“ (Winfried Berner)

HYPOTHESE 2) Die Kultur, die in einem Unternehmen im Zusammenhang mit Innovation, Erneuerung und Entwicklung gelebt und gepflegt wird entscheidet langfristig über den (Innovations)Erfolg.

HYPOTHESE 3) Führung ist der stärkste „kultur-bildende“ Faktor in Organisationen.

Das, was Führung in einem Unternehmen vorlebt, fördert aber auch einfordert wird langfristig auch das sein, was die gelebte Kultur im Wesentlichen ausmacht. Allerdings wird Führung zukünftig nicht mehr nach rein hierarchischen Prinzipien verteilt werden. Führung kann (muss) auch situativ und ohne jegliche hierarchische Legitimation erfolgen.

Innovative Teams bilden

Nicht Organisationen, Systeme oder Prozesse erzeugen Innovationen – einzig und allein MENSCHEN entwickeln innovative Lösungen, Produkte und Dienstleistungen. Entsprechend sind es auch die Menschen mit ihren individuellen Haltungen, Fähigkeiten und ihrem Wissen, die den Unterschied machen.

HYPOTHESE 4) Innovative Unternehmen wirken wie ein Magnet auf „die richtigen“ Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Innovative Unternehmen ziehen kompetente, kooperationsbereite und lernwillige Menschen an.

Natürlich kommt der Personalwirtschaft in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle zu. Denn sie versucht, „die richtigen“ Menschen für das Team zu gewinnen, sich von veränderungs- und lernunwilligen Mitarbeitenden zu trennen und Lernfelder und -freiräume sicher zu stellen.

(Übrigens: Ich mag den Begriff der „Personalwirtschaft“ zwar nicht, mir ist aber kein besserer Begriff eingefallen.)

Strategie – Prozesse – Strukturen

Frei nach dem Motto „structure follows process follows strategy“ (Chandler, 1962) benötigen innovative Unternehmen natürlich auch das richtige Maß an „Ordnung“, um kreative und innovative Prozesse in einer effizienten und effektiven Form zu gewährleisten. Hierbei gilt in jedem Fall: „Soviel Struktur wie nötig, nicht soviel wie möglich.“

HYPOTHESE 5) Innovative Unternehmen funktionieren nach dem Prinzip der größtmöglichen Selbstorganisation. Diese Unternehmen gehen aber keinesfalls chaotisch vor, sondern sie konzentrieren sich auf ein Mindestmaß an Prinzipien, Regeln und Strukturen. Dadurch werden Spitzenleistungen in Teams erst möglich.

Führung

In einer komplexen und dynamischen Welt steigen auch die Anforderungen an „Führung in Organisationen“ stetig an. Denn Führung nach dem hierarchischen Prinzip funktioniert in den allermeisten Unternehmen schon lange nicht mehr. Gefragt sind vielmehr Führungskräfte, denen Mitarbeiter gerne und freiwillig FOLGEN.

HYPOTHESE 6) Führung in innovativen Unternehmen ist postheroische Führung.

Blackbox Innovation

Die kreativen Innovationsprozesse und -projekte haben den Charakter einer Black Box. Verschiedene Faktoren tragen dazu bei, ob Innovation gelingt oder nicht. Diese Faktoren sind vielfach nur schwer identifizierbar. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Gründe für Innovationserfolge oder -misserfolge häufig ex post nicht ganz eindeutig identifiziert werden können.

HYPOTHESE 7) Innovationsprozesse und -projekte verhalten sich häufig wie eine Black Box. Innovationserfolg ist nicht ultimativ planbar.

Innovationserfolg

HYPOTHESE 8) Der schlussendliche Erfolg von Innovationen hängt einerseits vom unmittelbaren Output der Innovationsprozesse und -projekte ab, andererseits aber auch von innovationsunterstützenden Faktoren wie der Vermarktung, der Produktion oder auch einer leistungsfähigen Logistik.

Nachhaltige Innovation

Es ist keine Kunst, kurzfristig innovativ und erfolgreich zu sein. Die wirklichen „Innovations-Champions“ allerdings schaffen es, langfristig und dadurch nachhaltig erfolgreich zu sein. Wie auch schon Hannes Offenbacher in seinem Beitrag zur Blogparade richtigerweise festgestellt hat, gilt es, eine Balance zwischen ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit zu finden.

HYPOTHESESE 9) Die wahren Innovations-Champions sind nachhaltig (ökonomisch, ökologisch, sozial) erfolgreich. In diesen Unternehmen ist Innovation kein Zufallsprodukt, sondern Philosophie und Mission.

Lebendige, lernende Systeme

Nachhaltig innovative Unternehmen sind lebendige, lernende Systeme. Lebendig sind sie dann, wenn paradoxerweise in sehr erfolgreichen Unternehmensentwicklungsphasen die Säulen des Erfolgs hinterfragt und bei Bedarf eingerissen werden. Gleichzeitig sind rollierende Reflexions- und Lernprozesse ein Teil der Unternehmenskultur. Diesen Unternehmen ist klar, dass durchschlagender (Innovations)Erfolg einer der größten Feinde für langfristige Innovationsfähigkeit ist. Denn Erfolg kann die Wahrnehmung der Menschen blenden, er verleitet zu Überheblichkeit und Trägheit.

HYPOTHESE 10) Innovative Unternehmensführer/innen re-investieren einen Teil des Innovationserfolgs in die stetige Weiterentwicklung und Erneuerung des sozialen Systems namens „Unternehmen“.

Nachtrag: Dieser Beitrag ist auf der Basis folgender ConceptMap entstanden, die ich zur Strukturierung meiner Gedanken erstellt habe:

Weitere Beiträge:

Mutige Zukunftsperspektiven der „besten Köpfe“

Mein hochgeschätzter Kollege Jens Hoffmann (Hoffmann Consulting / Strategic Play) hat mir kurz vor Weihnachten ein Buch geschickt, das ich mir in den letzten Tagen zu Gemüte geführt habe: „Best Minds Meet – Unternehmensperspektiven für eine mutige Zukunft.“ Ich mach’s kurz: Das Buch hat mich FASZINIERT, BEGEISTERT und ANGEREGT.

„Best Minds Meet“ enthält im Wesentlichen in zusammengefasster Form die Ergebnisse einer eintägigen Klausur vom Mai 2009 in Meran, Südtirol – übrigens inkl. DVD mit hochinteressanten Videomitschnitten. Dabei gefällt mir persönlich besonders gut, dass die relativ kurzen Fachbeiträge (durchschnittlich 2-4 Seiten) vielfach noch nicht „fertig gedacht“ wirken, sondern dem Leser / der Leserin vielmehr ein Angebot zum eigenständigen Nachdenken und zur Selbstreflexion machen. In einer Welt der VERMEINTLICH „zu Ende gedachten“ Führungs- und Managementliteratur stellt diese Form der thematischen Aufbereitung aus meiner Sicht eine besondere Qualität dar.

Hier einige Bewegtbild-Eindrücke dieses außergewöhnlichen Treffens:

Die Best Minds Meet Klausur hatte drei Schwerpunktthemen:

  • Produktentwicklung
  • Mitarbeiterführung
  • Verkauf

In allen drei Themenfeldern wurden Workshops durchgeführt, deren Essenzen und Kernergebnisse wiederum im Buch zusammen gefasst wurden. Ich möchte in diesem Blogbeitrag kurz auf einige Ergebnisse eingehen, die im Themenfeld MITARBEITERFÜHRUNG entstanden sind. Denn sie decken sich in erstaunlicher Art und Weise auch mit dem, was wir im Dezember in der Ludwigsburg-Klausur besprochen haben. Beispielhaft möchte ich einige Punkte aus einem Buchbeitrag entnehmen, der mir besonders gut gefallen hat, nämlich „Vertrauen schaffen“ (von Saskia Feiber, S. 108-113):

1) Talente fördern und binden: Führungskräfte müssen mehr denn je Talente identifizieren, gezielt fördern und ihnen ein attraktives Arbeitsumfeld bieten, um sie so an das Unternehmen zu binden.

2) Netzwerke und Experten: Unternehmen müssen sich immer stärker netzwerk- und projektartig organisieren, um das Wissen und die Perspektiven verschiedener Fachexpert/innen des Unternehmen zu bündeln und zu kanalisieren (z.B. in Produktentwicklungsprojekten). Vertrauenskultur, Dezentralisierung, Selbstorganisation und unternehmerisches Denken sind in diesem Zusammenhang Schlüsselbegriffe.

3) Komplexitäts- und Wissensmanagement: Führungskräfte müssen die Fähigkeit haben, aus einer immer größer werdenden Flut von Informationen das zu filtern, was relevant ist (=Vereinfachung, Komplexitätsreduktion). Gleichzeitig gilt es aber auch, Vielfalt und Komplexität in bestimmten Situationen aufzubauen, indem z.B. das Wissen verschiedenster Anspruchsgruppen (Mitarbeiter/innen, Kunden, Lieferanten…) „angezapft“ wird.

4) Eigenverantwortung und Identifikation: Spätestens mittelfristig müssen wir den strukturellen Aufbau unserer Organisationen völlig neu denken: Von Hierarchien zu Heterarchien (= horizontale Netzwerkstrukturen, selbstorganisierende Systeme). Dazu muss aber auch eine Vertrauenskultur geschaffen werden, in der sich selbstverantwortliches und unternehmerisches Denken und Handeln entwickeln kann.

5) Authentizität und Selbstkritik: Menschen überprüfen die Authentizität anderer permanent – bewusst oder unbewusst. Der Erfolg und Wirkungsgrad von Führungskräften wird in Zukunft noch mehr als bisher von ihrer Authentizität und auch von ihrem eigenen Lern- und Veränderungsvermögen abhängen. Dies wiederum gründet auf der Fähigkeit, sich und seine Wirkung immer wieder zu reflektieren, zu hinterfragen und anzupassen.

6) Zuhören und sich auf andere Perspektiven einlassen: Führungskräfte haben häufig in einem schier für unvorstellbar geglaubten Ausmaß verlernt, ihren Kolleg/innen, Mitarbeiter/innen und Kund/innen zuzuhören und sich auf die Perspektiven anderer einzulassen. Genau hier aber liegt eine der Schlüsselkompetenzen der „Führungskraft von morgen“.