Modell lebensfähiger Systeme (VSM) – Netzwerkorganisation in der Praxis.

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Kritische Auseinandersetzung

Ich habe gehofft, dass mein letzter Beitrag zum Thema „Netzwerkorganisation“ eine kontroverse Diskussion auslöst. Dies ist glücklicherweise passiert.

Zu einigen Punkten möchte ich kurz Stellung beziehen:

  • Ja, dieses „Gedankengut“ ist (leider) vielfach noch weit von der Praxis entfernt.
  • Ja, es ist in der Praxis oft schwierig, Organisationen und vor allem auch die Organisationskultur in diese Richtung zu bewegen.
  • Ja, vielleicht dauert es tatsächlich in vielen Bereichen noch Jahrzehnte, bis diese Prinzipien auch nur annähernd in der Unternehmensorganisation angekommen sind.
  • Ja, es mag sein, dass viele Menschen so sozialisiert sind, dass sie keine Verantwortung übernehmen möchten. Aber ich glaube auch fest daran, dass unsere Organisationssysteme der Vergangenheit dazu wesentlich beigetragen haben. Die überwiegende Mehrzahl der Menschen möchte sich auch im Beruf entfalten, aktiv mitgestalten und auch mitentscheiden. Wenn Menschen dazu die Gelegenheit bekommen, dass werden diese in der Regel sehr verantwortungsvoll und im Sinne des Unternehmens genützt. Aber diese Frage hängt wesentlich mit dem Bild zusammen, das wir von Menschen haben (Stichwort X-Y-Theorie).
  • Ja, einer der Schlüsselbegriffe in diesem Zusammenhang ist „Vertrauen“. Selbstorganisierte, dezentralisierte Netzwerkorganisationen brauchen eine Vertrauenskultur.
  • Ja, es braucht fundierte Überlegungen und mehr Best Practices. Diese sind sowohl in Theorie als auch in der Praxis vorhanden. Allerdings erhebt dieser Blogbeitrag nicht den Anspruch der lückenlosen Theoretischen Fundierung. Die im letzten Blogbeitrag genannten Literaturempfehlungen fassen den Stand des Wissens aber gut zusammen.

Missverständnisse

Einige der größten Missverständnisse im Zusammenhang mit Netzwerkorganisationen (Heterarchien) sind:

„Netzwerkorganisationen sind antiautoritäre, chaotische und strukturlose Gebilde.“ –> Stimmt nicht. Netzwerkorganisationen haben sehr wohl klare Strukturen, Organisationsregeln und auch Führungs- und Steuerungsmechanismen. Dazu aber nachher noch mehr.

„In Netzwerkorganisationen werden ausschließlich partizipative Entscheidungen getroffen.“ –> Stimmt nicht. Entscheidungen werden dem Kontext angemessen getroffen, sprich wenn nötig auch schnell und autoritär.

Theorie und Praxis

OK, das Thema ist so umfassend und vielfältig, dass es sicher nicht im Rahmen eines Blogs abgehandelt werden kann. Nochmals möchte ich aber auf eines der besten Bücher verweisen, das ich persönlich bislang zu dieser Thematik gefunden und gelesen habe: Strategie des Managements komplexer Systeme von Fredmund Malik.

Prof. Dr. Malik ist auf dem Gebiet der Managementkybernetik, die wesentlich auf den Prinzipien selbstgesteuerter Systeme beruht, seit Jahrzehnten einer der bedeutendsten Experten in Europa. Er hat u.a. auch mit Stafford Beer, Begründer des Modells lebensfähiger Systeme (Viable System Model – VSM; siehe Bild) an der Weiterentwicklung der theoretischen Fundierung aber auch an der Übertragung in die unternehmerische Praxis einen wesentlichen Beitrag geleistet. Und es ist auch kein Zufall, dass Prof. Malik mit seinem „Malik Management Zentrum St. Gallen“ in kürze folgende Veranstaltung anbietet:

DIE MATRIX HAT VERSAGT – WAS NUN? – Malik-Tagung über Struktur, Organisation und Komplexität mit den Top-Experten von Malik Management am 05. März 2010 in Zürich

Für mich persönlich ist gerade das Modell lebensfähiger Systeme (VSM) eines der SCHLÜSSELKONZEPTE zur Implementierung zukunftsfähiger, selbstgesteuerter und dezentraler Netzwerkstrukturen in die Praxis. Die Zeit ist mehr als Reif, dass sich die Entscheidungsträger in den Unternehmen endlich mit diesen Konzepten und Theorien beschäftigen. Denn sie beinhalten aus meiner Sicht die Antworten auf zentrale Fragen zur Unternehmensorganisation des 21. Jahrhunderts. Und: DIE ZEIT IST REIF!

To be continued …

Weiterführende Texte und Videos:

Heinz von Foerster Congress 2009

Mein Wiener Kollege Jan A. Poczynek hat kürzlich getwittert: „hat sich gerade zum „Heinz von Foerster Congress 2009“ angemeldet und freut sich jetzt schon darauf“.

Das hat mich dazu motiviert, den Kongress im Internet zu suchen – leider bin ich nicht fündig geworden. Weiß jemand, wo man Informationen zum Termin, Veranstaltungsort und Programm findet?

Kurz zur Person Heinz von Förster: geboren 1911 in Wien und gestorben 2002 in Pescadero, Kalifornien; gilt als Mitbegründer der kybernetischen Wissenschaft, insbesondere Kybernetik zweiter Ordnung; aber am besten schaut Euch einfach folgendes 10-Minuten Video an:

Weitere Informationen zu Heinz v. Förster:

Nachruf auf Science ORF

Wikipedia-Artikel

KybernEthik: Seite mit vielen Videos zu Ehren HvF (Kybernethik ist ein Begriff, den er selbst prägte)

Nachtrag, 31.5., 14:03 Uhr: Das hat mir mein Kollege Christof Heinzle gerade geschrieben:

Hy Stefan,

Falls Du es nicht eh schon weißt: Der Heinz von Foerster Congress 2009 findet am 13. u. 14. November 2009 in Wien statt. Genauere Infos gibt’s am Institut für Zeitgeschichte, Uni Wien.

Gruß, Christof

Nachtrag vom 28.7., 10:53 Uhr: Hier nun das vollständige Programm:

Ladies and Gentlemen,
dear friends and colleagues,

The Heinz von Foerster Society, together with the Wiener Institute for Social
Science Documentation and Methodology (WISDOM), the Department of
Contemporary History and the American Society for Cybernetics (ASC),
organizes the Fourth International Heinz von Foerster Conference which will
take place from November 12 to November 14, 2009 at the University of
Vienna. This year, the conference will have „Learning“ as its leading theme
and will pursue a series of very ambitious goals.

* Learning, together with memory and perception, stood at the center of
Heinz von Foerster