PMI® – quo vadis?

Ich bin nun seit ca. 12 Jahren Mitglied beim weltgrößten Projektmanagementverband „PMI® – Project Management Institute„. Anfangs war ich davon überzeugt, dass eine Mitgliedschaft bei einem der großen Verbände (PMI bzw. IPMA) ein absolutes MUSS darstellt, wenn man in diesem Feld beruflich tätig ist. Für eine PMI Mitgliedschaft habe ich mich entschieden, da mir vor allem die internationale Ausrichtung zugesagt hat.

In den vergangenen Jahren habe ich meine Meinung über PMI revidiert. Ich werde meine Mitgliedschaft nicht mehr verlängern. Hier einige Gründe:

  • Ich habe nicht mehr den Eindruck, dass es PMI im Kern wirklich um die Förderung des Projektmanagements (und ihrer Mitglieder) geht.
  • Beispielhaft möchte ich PMI’s Umgang mit den verschiedenen Standards (PMBOK etc.) anführen. Passwortschutz auf den PDF’s, seitenlange Rechtsbelehrung, sodass man schon fast Angst bekommt, daraus zu zitieren.
  • Wenn es PMI wirklich darum ginge, Projektmanagement weltweit zu fördern, würden sie die Standards kostenlos raus geben und die Verbreitung ihre Standards über Weiterbildungsinstitute, Schulen, Hochschulen und Universitäten fördern. DAS wäre modern.
  • Klar muss PMI auch Einnahmen generieren, um als Organisation (quantitativ und qualitativ) zu wachsen. Aber bedeutet das, dass auch praktisch alle Inhalte kostenpflichtig sein müssen? Mir kommt es so vor, dass es bei PMI mittlerweile mehr um die Kohle geht als um sonst etwas.
  • Ich bin davon überzeugt, dass auch ein anderes Geschäftsmodell mit vielen kostenlosen Inhalten funktionieren würde.
  • Darüber hinaus sind für mich persönlich viele der PMI Inhalte, Standards und Zertifizierungen nicht mehr zeitgemäß bzw. für den Großteil der Unternehmen, die ich kenne, passend. Zwar bemüht man sich redlich, modern und „agil“ zu werden. Diese Bemühungen kommen mir aber so vor, wie wenn Männer (ich schreibe bewusst Männer) in grauen, schlecht sitzenden Anzügen und mit furchtbaren Kravatten plötzlich versuchen, den Leuten von 37Signals moderne Softwareentwicklung zu erklären.

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass sich meine Kritik auf die GESAMTORGANISATION bezieht, nicht so sehr auf die Chapters (Frankfurt, München, Wien, Zürich etc.). Ich weiß, dass dort sehr engagierte Arbeit geleistet wird und dass die Kritik in diesen Teilorganisationen von PMI größtenteils nicht angebracht ist.

Bin ich in der Sache zu kritisch? Was ist Ihre Meinung?

PS: Hoffentlich verklagt mich PMI für diesen Blogbeitrag nicht gleich. Denn so, wie PMI bei mir mittlerweile rüber kommt, ist dieses Szenario nicht mal unwahrscheinlich.

Was bringt das neue PMBOK in der Praxis?

pmbok_praxisStefan Bölke, Christophe Campana und Eric Schott von Campana & Schott haben in der Computerwoche einen interessanten Artikel veröffentlicht: „Was bringt die neue PMBOK-Version in der Praxis?“

Der Artikel ist eine gute Ergänzung zum Blogbeitrag, den ich vor einigen Tagen hier online gestellt habe: „PM Standards ein Allheilmittel zur Vermeidung von Projektfehlern?“ Denn auch Bölke/Campana/Schott kommen zum Schluss, dass die Anwendung eines PM Standards zwar natürlich mit Vorteilen verbunden sein kann, dass der Nutzen aber natürlich auch seine Grenzen hat. Konkrete Nutzenpotenziale, die im Artikel genannt werden, sind:

  1. Gemeinsames Verständnis und einheitliche Sprache im PM
  2. Gesteigerte Effizienz (durch Prozesse, Methoden, definierte Verantwortlichkeiten)
  3. Anerkannter PM Karrierepfad (und folglich auch gezieltere PM Qualifizierung)
  4. Überzeugende Wettbewerbsvorteile (durch die gesamthafte Professionalisierung der Projektabwicklung)

Gute Punkte, die ich so teile.

Im Artikel wird dann das PM Rahmenwerk PMBOK von PMI

PM Standards ein Allheilmittel zur Vermeidung von Projektfehlern?

computerwoche_projektfehlerIn der Online-Ausgabe der Computerwoche ist kürzlich der Artikel „Wie sich Projektfehler vermeiden lassen“ (Tipp: Druckversion) erschienen. In der Einleitung des Artikels heißt es:

Das beste Projekt-Management-Werkzeug nützt nichts, wenn die Steuerungskompetenz fehlt. Methoden wie Prince2 oder PMBoK können hier helfen.

Sieben von zehn Projekten sind Fehlschläge, sagt die Standish Group. Mit dieser Erkenntnis sorgt das Marktforschungsunternehmen nach wie vor für Schlagzeilen – offenbar deshalb, weil sich die Situation immer noch nicht gebessert hat. Die Mehrzahl der Vorhaben wird zwar irgendwie beendet, kostet aber deutlich mehr Zeit und Geld als veranschlagt und/oder erreicht die vereinbarten Ziele nicht.

Etablierte Projekt-Management-Methoden wie Prince2 (Projects in Controlled Environments) oder PMBoK (Project Management Body of Knowledge) sollen helfen, die Projekte ins Ziel zu bringen. Aber was haben sie tatsächlich zu bieten, wenn es gilt, die größten Projektfehler zu vermeiden? Diese Frage stellte die COMPUTERWOCHE einer Handvoll ausgewiesener Prince2- und PMBoK-Experten.“

Soweit – so gut. Aber ist es wirklich so, dass PM Standards ein Allheilmittel sind, um Projektfehler zu vermeiden? Ich denke nicht. Aber erst einmal Schritt für Schritt.

In dem Artikel nehmen Experten zur Anwendung von „Projekt-Management-Methoden wie PRINCE2 oder PMBoK“ Stellung. Mein erster Kritikpunkt bezieht sich auf die Bezeichnung „Projekt-Management-Methoden“. Denn PRINCE2 ist aus meiner Sicht ein PM Standard und gleichermaßen auch eine PM Methodik (engl. Project Management Methodology), das PMBoK von PMI ist ein PM Rahmenwerk und ein international anerkannter PM Standard (aber sicher keine PM Methodik!). Was ich unter einer PM Methodik verstehe, findet Ihr übrigens HIER.

Worum geht es in dem Artikel inhaltlich? Es wird aufgezeigt, dass durch die Anwendung von PM Standards / PM Methodiken häufige Projektfehler vermieden werden können. Diese sind lt. den Autoren Hackmann/Quack/Hülsbömer:

  1. Die Prozesse für das Projektmanagement sind unzureichend.
  2. Es gibt keine Rücksprache bei Änderungen im Projekt.
  3. Kommunikation findet nicht statt, das Reporting ist schlecht.
  4. Die Komplexität des Projekts wird unterschätzt.
  5. Der Zeitplan ist unvollständig oder unrealistisch.
  6. Der Budgetrahmen ist nicht eindeutig geklärt.
  7. Das Personal ist ungeeignet oder überlastet.

All dies sind sicher häufige Fehler, die in Projekten gemacht werden – kein Zweifel.

Und ich stimme grundsätzlich auch zu, dass durch die Anwendung eines einheitlichen, systematischen PM Ansatzes auf der Basis eines (oder mehrerer) PM Standards / Methodiken (Beispiele „Methodologies“ / hervorragender Artikel von Jason Charvat) gewisse Probleme gemildert werden können. ABER: Ein methodisch und theoretisch „sauberes“ Projektmanagement ist sicher kein Allheilmittel, um Projektmanagement erfolgreich zu gestalten.

Professionelles Projektmanagement basiert auf einem ganzheitlichen „Projektmanagement System„. Das primäre Ziel dieses PM Systems ist es, eine (Projekt)Kultur zu etablieren, in der erfolgreiche Projekte ermöglicht werden. Die Projektkultur verstehe ich übrigens als einen Teil der Unternehmenskultur. Entsprechend basiert ein ganzheitliches PM System eben auf mehreren Säulen (als nur der methodischen). Dies sind:

PM_System_Hagen

Organisation & Rollen: Das Verhältnis zwischen der „Stammorganisation“ und der PM-spezifischen Organisation (und den damit zusammenhängenden Rollen) ist zu klären. Besonders wichtig ist hier, dass das Rollenverständnis auch von der Unternehmensleitung mitgetragen und vorgelebt wird.

Methodik & Prozesse: Hier kann die Anwendung bzw. die unternehmensspezifische Anpassung eines PM Standards bzw. einer PM Methodik von Vorteil sein. Zudem sollten für die wichtigsten Projektarten so genannte „Projektprozesse“ (= Vorgehensmodelle) definiert werden.

Qualifizierung & Lernen: Menschen machen Projekte erfolgreich (oder eben auch nicht). Entsprechend ist es von entscheidender Bedeutung, dass alle in Projekte involvierten Personen im Unternehmen auch entsprechend qualifiziert werden. Ein zeitgemäßes und breit gefächertes Qualifizierungsprogramm (Trainings, Coaching, Mentoring, Workshops, Zertifizierungslehrgänge…) ist zu implementieren. Wichtig: Lernen ist ein kontinuierlicher Prozess.

Tools & Systeme: Die Prozesse, Methoden, Checklisten etc. sind entsprechend IT-technisch zu unterstützen. Und: Es muss nicht immer MS Project sein, sondern auch moderne Web 2.0 Tools können sehr effizient und effektiv eingesetzt werden.

Wenn Ihr ein PM System nach diesem Schema entwickelt und einführt, dann steigt die Wahrscheinlichkeit exponentiell an, dass Sie Projektfehler wirklich nachhaltig bekämpfen und die Erfolgsquote Eurer Projekte gesteigert wird.

PMBoK Guide in the Project Management Profession

Bas de Baar von ProjectShrink.com hat mal wieder ein sehr interessantes Interview online gestellt. Anlässlich seiner Teilnahme am diesjährigen Europakongress des PMI (PMI EMEA Global Congress in Amsterdam) hat er mit Brian Weiss, VP of Product Management bei PMI, gesprochen.

Brian stellt einmal mehr klar, was eigentlich jedem Projektmanager klar sein sollte: Das PMBoK ist keine fertige PM Methodik, sondern ein PM Rahmenwerk zur Gestaltung eines unternehmensspezifischen PM Vorgehensmodells inkl. entsprechender Methoden, Tools und Spielregeln.

PMBOK – Kostenlos oder doch nicht?

In den letzten Wochen gab’s auf diesem Blog und in der PM-spezifischen Blogosphäre einige Diskussionen zu den neuen PM Standards des weltgrößten Projektmanagement Verbandes PMI. Meine Meinung ist bekannt: Ich bin dafür, die Standards für alle (also auch für Nicht-PMI-Mitglieder) kostenlos und ohne Passwortschutz zur Verfügung stellen. Das wäre meines Erachtens eine moderne Haltung, die der PMI Mission, nämlich das Projektmanagement weltweit voran zu bringen, gerecht werden würde.

Diese Meinung wird von vielen erfahrenen Projektmanagern nicht geteilt, das ist mir klar.

Dieser Post ist der vorläufig letzte zu dem Thema. Begründung:

  • Ich sehe überhaupt keine Chance, dass das PMI seine „Policy“ in Sachen Standards ändern wird.
  • Ich investiere meine Zeit lieber in positive Themen. Und dieses Thema hat für mich einen „unsympathischen“ Beigeschmack.
  • Ich bin gerne bereit, die 40-50 EUR für das gedruckte PMBOK zu investieren. (Bei der ganzen Diskussion ging’s mir übrigens zu keinem Zeitpunkt um die Kohle.)
  • Das Thema nervt mich einfach nur!

Worüber ich gegebenenfalls in den nächsten Wochen und Monaten mal schreiben werde: Das PMI als Verband und Interessensvertretung. Denn durch dieses lächerliche Thema wurde ich angeregt, das PMI für mich persönlich wieder mal kritisch zu reflektieren.

Diese Gedanken werde ich hier dann zu gegebener Zeit gerne mit Ihnen teilen.

PM Blogger unter sich

chat_heilwagen

Gerade habe ich eine iChat-Konferenz mit Andreas Heilwagen, meinem PM Bloggerkollegen aus Berlin, beendet. War ein sehr nettes Gespräch.

Wie haben uns über Projektmanagement im Allgemeinen und PM Standards im Speziellen unterhalten. Soviel kann ich jetzt schon sagen: Andreas ist wohl einer DER Experten zum Thema Standards im Projektmanagement im deutschsprachigen Raum. Ich persönlich zumindest kenne niemanden, der in dem Thema (über alle Verbände und Normen hinweg) soviel Ahnung hätte wie er. Kompliment, hat mich beeindruckt!

Da ist es auch naheliegend, dass Andreas dieses Thema auf seinem Blog und auch auf einer spezifischen PM-Standards-Seite in Zukunft weiter thematisieren wird.

Nächste Woche werden wir und noch einmal kurzschließen, um unsere Meinungen zu der aktuellen „PMBOK-Geschichte“ auszutauschen. We’ll keep you informed…