Eines der Bücher, das ich über die Sommerpause gelesen habe, war „Das innere Spiel – Wie Entscheidung und Veränderung spielerisch gelingen“ von Heinz Peter Wallner und Kurt Völkl. Um es kurz zu machen: Ich halte das Werk für eines der besten, das ich zum Thema Veränderungsmanagement bislang gelesen habe. Aber dazu später mehr. „Wie kann Veränderung in Projekten gelingen?“ weiterlesen
Schlagwort: Projekt
„Agiles Projektmanagement“ – ein Widerspruch in sich?
Bereits seit einiger Zeit beschäftigt mich die Frage, ob wir mit „Agile Project Management“ (Agiles Projektmanagement) nicht einem großen Blödsinn aufgesessen sind? Ist Agiles Projektmanagement nicht ein Widerspruch in sich – ein Oxymoron? „„Agiles Projektmanagement“ — ein Widerspruch in sich?“ weiterlesen
Projekt ≠ Projekt. Projektmanagement ≠ Projektmanagement.
Ein Projekt ist per Definition eine temporäre Arbeits- und Organisationsform, bei der ein (meist fachübergreifendes) Team versucht, eine neuartige und komplexe Problemstellung zu lösen. Leider ist die Realität aber nicht so trivial. Denn die Vielfalt an möglichen Projektaufgaben und Anwendungsbereichen ist schier unendlich. Dies ist auch einer der Gründe, warum wir uns endlich davon verabschieden sollten, dass es „DAS gute und richtige Projektmanagement“ gibt.
„Projekt ≠ Projekt. Projektmanagement ≠ Projektmanagement.“ weiterlesen
Zwischenstand: Linien- vs. Projektarbeit
Die Blitzumfrage der letzten 7 Tage zum Thema „Linien- vs. Projektarbeit“ hat folgendes Zwischenergebnis gebracht:
Die Leser/innen des PM Blogs sind sich sicher, dass die Bedeutung projektorientierter Arbeits- und Organisationsformen in Zukunft weiter zunehmen wird (N=54):
Ein/e Leserin war der Ansicht, dass die Bedeutung der beiden Arbeitsformen ungefähr gleich bleiben wird.
Naturgemäß sieht das Ergebnis bei der Fragen nach der ungefähren Verteilung zwischen Linien- und Projektarbeit wesentlich differenzierter aus (N=92):
Erläuterungen:
- Wie alle Blitzumfragen auf diesem Blog wurde natürlich auch diese Umfrage nicht nach wissenschaftlich-empirischen Gesichtspunkten durchgeführt. Das Ziel ist (wie immer) lediglich, ein kurzes Stimmungsbild bei den Leser/innen dieses Blogs abzuholen.
- Die Interpretation der Ergebnisse überlasse ich gänzlich den Leserinnen und Lesern.
- Allerdings erlaube ich mir, auf einige zusätzliche Informationen und Fakten zu dem Thema hinzuweisen.
Weiterführende Informationen:
- Das Beratungsunternehmen SOLCOM führte 2010 eine Umfrage unter den Leser/innen ihres Online-Magazins durch (N=268). Thema war ein Ausblick auf den Projektmarkt 2011. Die Studie kann hier herunter geladen werden.
- Die Deutsche Bank Research prognostiziert bis 2020 ein dynamisches Wachstum der Projektwirtschaft (Studie zum Download). 2020 sollen bereits 15 % (!) der gesamten Wirtschaftsleistung in Deutschland in projektorientierten Arbeitsformen erbracht werden (Vergleich: 2002 waren es 2 %).
Projektmanagement = Management
Ich vertrete schon seit längerer Zeit folgender These:
„Richtiges und gutes Projektmanagement unterscheidet sich im Kern nicht von richtigem und gutem Management.“
Diese Aussage möchte ich folgendermaßen erläutern:
- Projekt = soziales System: Projekte bestehen aus Menschen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen. (Projekt = soziales System)
- Projektmanagement = Versuch eines funktionierenden sozialen Systems: Die Aufgabe eines Projektleiters ist es, den Rahmen für eine möglichst gelingende Zusammenarbeit des Teams zu schaffen.
- Projektmanagement = Management: Es geht also um die Gestaltung, Steuerung und Lenkung eines sozialen Systems. Darum geht es auch bei der Erfüllung genereller Führungs- und Managementaufgaben.
Projekt- vs. Linienaufgaben
Betrachten wir das Thema noch anhand der Projektkriterien. Denn projektwürdig ist eine Aufgabenstellung dann, wenn sie komplex und neuartig ist und nur in Teamarbeit gelöst werden kann. Zudem sollten für Projekte klare inhaltliche, budgetäre und zeitliche Ziele formuliert werden. Wo könnten wesentliche Unterschiede zwischen dem Management von Projektaufgaben und dem Management von Prozessen, Routine- oder Linienaufgaben liegen?
- Komplexität: Ich behaupte, dass die Fähigkeiten im Umgang mit Komplexität im Projektmanagement und im Management gleichermaßen hoch sein müssen.
- Neuartigkeit: Hier könnte ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal liegen, denn Routine- und Linienaufgaben sind in der Tat eher stabil bzw. ähnlich.
- Teamarbeit: Zusammenarbeit und Kollaboration von Menschen ist ebenfalls „in beiden Welten“ nötig. Hier könnte ein relevanter Unterschied in der Tatsache bestehen, dass sich Projektorganisationen und -teams häufig völlig neu zusammen setzen bzw. deren Zusammensetzung häufig wechselt.
- Inhaltliche, budgetäre und zeitliche Ziele: Durch die Vorgaben und Restriktionen in Projekten können sich besondere Drucksituationen ergeben. Einen wirklich wesentlichen Unterschied zu „Nicht-Projektaufgaben“ sehe ich hier aber nicht.
Zwischenfazit: Projektmanagement erfordert eventuell ein höheres Maß an Fähigkeiten im Umgang mit Instabilität. Generelle Führungs- und Managementaufgaben hingegen erfolgen in Umwelten, die stärker von Stabilität geprägt sind. Klar ist aber: Auch in diesem Punkt gibt es keine ganz klare Abgrenzung.
Management von Stabilität und Instabilität
Nun komme ich langsam zum Kern meiner Argumentation. Menschen, die heutzutage Führungs- und Managementaufgaben zu erfüllen haben, benötigen Fähigkeiten im Umgang mit Instabilität (= Wandel, Innovation, Veränderung, Neuartigkeit…) wie auch im Umgang mit Stabilität (= Wertschöpfung, Leistung, Effizienz, Aufgabenerfüllung…). BEIDES ist sowohl im Projektmanagement als auch im Management notwendig.
Niemand könnte diesen Aspekt treffender auf den Punkt bringen als der geniale Peter Kruse:
Fazit
Der Grund, warum ich dieses Thema immer und immer wieder „aufwärme“ (im Blog und auch anderswo), ist, dass ich im Projektmanagement viel zu viel Methodengläubigkeit orte und viel zu wenig gesunde Auseinandersetzung mit grundlegenden Prinzipien, Herausforderungen und Erkenntnissen in der Zusammenarbeit mit und der Führung von Menschen und Teams. Wir brauchen im Projektgeschäft mehr gute Manager/innen und weniger schlechte Projektmanager/innen 🙂
Kritik
Abschließend möchte ich noch auf einen Kommentar von Bernhard M. Scheurer (Autor von „Projektherz„) hinweisen, in dem er meiner These entschieden widerspricht. Auch in seinem Buch schreibt er auf S 17: „In der wirtschaftswissenschaftlichen Fachliteratur und auf den entsprechenden Internetplattformen wird fast durchgängig der Eindruck vermittelt, Projektmanagement sei ein Teilgebiet des Managements. Das klingt durchaus schlüssig, aber es ist genau umgekehrt.“ Die Argumentation, die auf diese Aussage folgt, ist für mich aber ehrlich gesagt (noch) nicht schlüssig. Insofern freue ich mich schon auf spannende Diskussionen! Denn ich lasse mich von den Leser/innen des PM Blogs sehr gerne eines besseren belehren.
Nachtrag
Es wird Ihnen vielleicht aufgefallen sein, dass ich mich an Fredmund Maliks Formulierung „richtiges und gutes Management“ angelehnt habe. Buchtipp: Malik, Fredmund (2006): Führen, Leisten, Leben: Wirksames Management für eine neue Zeit. Campus Verlag.
Wann ist ein Projekt ein Projekt?
Update vom 18.3.2010:
Heute widme ich mich mal einer verhältnismäßig trivialen Frage, nämlich: „Wann ist ein Projekt ein Projekt?“ –> Sprich: Wann ist eine Aufgabe PROJEKTWÜRDIG?
Nach DIN 69901 wird ein Projekt wie folgt definiert:
„Ein Projekt ist ein Vorhaben, das im wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z. B.: Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Bedingungen, Abgrenzungen gegenüber anderen Vorhaben und projektspezifische Organisation.“ (siehe hierzu auch: Projektdefinition auf Wikipedia bzw. im PM Glossar)
Das ist auch jene Definition, die man in den meisten Lehr- und Fachbüchern wieder findet. Allerdings halte ich persönlich diese Definition NUR FÜR BEDINGT TAUGLICH, wenn es darum geht, Projekte von anderen Aufgaben zu unterscheiden. Denn in der Praxis erlebt man häufig folgende zwei Extreme:
- So gut wie alles ist ein Projekt. („Projektitis„)
- So gut wie nichts ist ein Projekt.
HYPOTHESE: Der Projektbegriff wird in der Praxis unscharf und vielfach falsch verwendet. Aufgaben, die nicht wirklich projektwürdig sind, werden als „Projekte“ bezeichnet und bearbeitet.
LÖSUNGSANSATZ: Wir sollten uns auf die drei ZENTRALEN KRITERIEN konzentrieren, um Projektaufgaben von Routine-/Linien-/Prozessaufgaben zu unterscheiden (= Projektwürdigkeit). Diese sind:
- Komplexität
- Neuartigkeit
- Teamarbeit notwendig
Denn sobald eine Aufgaben komplex und neuartig ist und nicht in Einzelarbeit gelöst werden kann, ist die Bearbeitung als Projekt in der Regel sinnvoll und notwendig. In diesen Fällen ist eine Projektorganisation zu etablieren. In allen anderen Fällen sind die Aufgaben in der Linien- oder Stammorganisation zu lösen.
Nun kann man die berechtigte Frage stellen: Kann eine Aufgabe auch komplex und NICHT neuartig sein? Ja, es gibt in Organisationen natürlich auch so etwas wie „Routineprojekte“, die bis zu einem gewissen Maß standardisierbar sind. Beispiele:
- Produktentwicklungsprojekte / Innvoationsprojekte –> stardardisierbar über Innovationsprozesse / Stage-Gate-Modelle
- IT-Projekte –> standardisierbar über Vorgehensmodelle / Projektprozesse
- Kundenprojekte / kundenspezifische Lösungen –> standardisierbar über Vorgehensmodelle / Projektprozesse
ABER: Auch Projektarten, die in Unternehmen regelmäßig durchgeführt werden, können niemals vollständig standardisiert werden, da sie IMMER auch neuartige Elemente enthalten. Ist dies nicht der Fall, handelt es sich nicht um Projekte, sondern um standardisierbare (Geschäfts)Prozesse.
FAZIT: Sobald Aufgaben in Organisationen KOMPLEX und NEUARTIG sind und nur in TEAMARBEIT gelöst werden können, sollten sie als Projekte bearbeitet werden. Für diese Projekte sollten dann die Projektkriterien zeitliche Befristung, messbare Ziele/Zielvorgaben, definierte Ressourcen, projektspezifische Organisation etc. gelten.
Projektmanagement neu denken. Weniger Technik – mehr Hausverstand.
Meine Ausgangsthese für den heutigen Blogbeitrag lautet:
„Projekte sind komplexe, soziotechnische Systeme. Trotzdem werden sie in der Praxis immer noch häufig wie komplizierte, technische Systeme behandelt.“
Im Projektmanagement besteht eine ähnliche Problematik wie in den gesamten Wirtschaftswissenschaften: Die zu Grunde liegenden Theorien sind immer noch stark von einem technisch-rationalen (man möchte fast sagen ‚Decart’schen‘) Weltbild geprägt. Das „Funktionieren“ von Organisationen, Projekten und Teams basiert auf vermeintlich allgemein gültigen Regeln, Vorgehensweisen und Methoden. Wenn systematisch denkende und handelnde Projektmanager/innen diese nur systematisch anwenden, dann ist der Projekterfolg garantiert. Soviel zur Theorie.
Ich erlebe die Praxis aber in zunehmendem Maße anders. Ohne Zweifel sind strukturierte und methodisch fundierte Vorgehensweisen in Projekten nach wie vor wichtig. Jedoch sinkt deren relative Bedeutung für den Projekterfolg. Stattdessen werden andere Faktoren und Kompetenzen wichtiger. Wie zum Beispiel:
- Kommunikative Fähigkeiten der beteiligten Personen – mehr proaktive, offene und verbindliche Kommunikation.
- Weniger starre und blinde Planung – mehr Improvisation und Hausverstand.
- Spannungen erkennen, zulassen, balancieren – Vielfalt und Heterogenität des Teams nutzen.
- Weniger formales Wissen, mehr reales Können.
- Mehr klare und verbindliche Spielregeln, weniger Mikro-Management. Mehr Selbstorganisation und Agilität.
Ich bin mir sicher: Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern fast ausschließlich ein Umsetzungsproblem. Das notwendige Wissen für ein „neues“ Projektmanagement ist in der Systemtheorie, der Kommunikationstheorie und den modernen Führungs- und Managementkonzepten vorhanden. Einzig an der Umsetzung hapert es noch. Und hier sehe ich wiederum die Hauptprobleme in der Unwissenheit und teilweisen Ignoranz gegenüber diesen „neuen“ Prinzipien und Regeln der Organisationsgestaltung und Unternehmensführung.
Noch ein letzter Gedanke: Auch die großen, weltweit vertretenen Projektmanagement-Verbände (z.B. PMI und IPMA) tragen derzeit nicht wirklich zu einer grundlegenden Neuorientierung und -konzeption im Projektmanagement bei. Denn die meines Erachtens zaghaften Versuche wie „The Future of Project Management“ (Facebook-Initiative von PMI) reichen bei weitem nicht aus.