„pm baseline“ noch zeitgemäß?

Wenn wir schon so schön am kritisieren sind, möchte ich gleich noch einen nachlegen.

Seit einigen Jahren bin ich externer Dozent für Projektmanagement an der Fachhochschule Vorarlberg. Die Lehre setzt in diesem Fach auf dem Standardwerk des österreichischen IPMA-Pendants „pma – Projekt Management Austria“ auf, der „pm baseline“ (Download). Das macht grundsätzlich Sinn, denn die pma Standards und Zertifizierungen sind bei uns am weitesten verbreitet.

Seit Jahren „stolpere“ ich aber über dieselben Punkte drüber, die mir einfach nicht in den Kopf gehen möchten.

1) Ist der Projektmanagement-Prozess nach pma noch zeitgemäß?

Der PM Prozess nach pma gestaltet sich wie folgt (Quelle: pm baseline 3.0, S. 13):

Schon die Definition ist aus meiner Sicht falsch (pm baseline, S. 11): „Projektmanagement ist ein Geschäftsprozess der projektorientierten Organisation.“ Sorry, aber das stimmt doch so wohl nicht! Der Terminus „Geschäftsprozess“ leitet sich wohl aus dem Geschäftsprozessmanagement ab. Hier wird in der Regel zwischen Management-/Führungsprozessen, Geschäfts-/Hauptprozessen und Unterstützungsprozessen differenziert. Wenn, dann kann doch die Managementaufgabe in Projekten nur ein Management-/Führungsprozess sein. Denn Geschäfts-/Hauptprozesse sind im Geschäftsprozessmanagement (und auch im Qualitätsmanagement) nur die wertschöpfenden Prozesse. Projekte können direkt wertschöpfend sein (z.B. Kundenprojekte), häufig sind sie es aber auch „nur“ indirekt (z.B. Implementierung eines neuen IT Systems).

Weiters stelle ich auch diesen Satz in Frage: „Der Projektmanagement-Prozess starten mit der Erteilung des Projektauftrages und endet mit der Projektabnahme.“ Sorry, aber wie kommt man in einem komplexen Projekt bitte zum Projektauftrag? Fällt der vom Himmel? Häufig muss doch eine intensive Initiierungs- oder Grobplanungsphase vorangestellt werden, um einen aussagekräftigen Projektauftrag zu erhalten. Entsprechend muss meines Erachtens ein „moderner“ PM Prozess auch mit diesem Teilprozess beginnen (wie bei PMI: Initiating Processes).

Und drittens habe ich nirgends eine Aussage dazu gefunden, dass die einzelnen Teilprozesse einen iterativen, sprich sich wiederholenden, Charakter haben. Offensichtlich sieht pma die PM Teilprozesse nach wie vor als „Phasen“? Oder wie soll ich das sonst interpretieren?

2) Ist die Methodik der pm baseline noch zeitgemäß?

Beispielhaft möchte ich diese Frage anhand folgender Darstellung behandeln:

Die Zusammenhänge der Projektpläne nach pma reflektiert für mich persönlich ein stark „deduktives“ Projektmanagementverständnis (= „klassisches Projektmanagement“). Ohne auf Details eingehen zu wollen: Kann man Projekte heutzutage wirklich noch so führen und managen?

Im Detail hätte ich etliche (nennen wir es mal) „Fragen“ zu den einzelnen Methoden und den Beschreibungen derselben.

3) Ist das Projekthandbuch nach pma noch zeitgemäß?

Als abschließendes Beispiel möchte ich das Instrument „Projekthandbuch“ in Frage stellen (Download). pma Definition (pm baseline, S. 16) „Das Projekthandbuch dient zur Dokumentation aller aktuellen projektmanagement- und projektergebnisbezogenen Inhalte eines Projekts.“

Grundsätzlich sind wir uns einig, dass Projekthandbüchern IN MANCHEN PROJEKTEN absolut Sinn machen können. Wir sind uns auch einig, dass eine saubere, mehr oder weniger standardisierte und auch laufend aktualisierte Projektdokumentation wichtig und notwendig ist. Aber ist ein Projekthandbuch auf Word-Basis hierzu das richtige Instrument? Denn ich kenne eingefleischte „pma’ler“, die diese Frage mit einem klaren und eindeutigen „JA!“ beantworten würden. „Ein Projekthandbuch ist für jedes Projekt zu führen.“ Diese Aussage halte ich für lächerlich und falsch.

Fazit

Ich kenne mich – ehrlich gesagt – in der österreichischen „Projektmanagement-Szene“ nicht sonderlich gut aus. Erstens lebe ich nicht in Wien sondern am anderen Ende von Österreich. Zweitens war ich nie Teil dieser Szene oder habe mich aktiv bei pma eingebracht. Drittens kenne ich die Rolle von Prof. Dr. Gareis und seinen „Schülerinnen und Schülern“ nur vom Hören sagen.

Mein persönlicher Entschluss steht aber fest: Ich werde die PM Ausbildung an der Fachhochschule weiterhin auf der Basis der pm baseline nach pma konzipieren. Ich werde aber zukünftig noch wesentlich stärker andere (aus meiner Sicht modernere) Konzepte und Modelle in die Lehre einfließen lassen. Denn ich lege mich fest: „DIE PM BASELINE IST NICHT MEHR ZEITGEMÄß.“

Projektplan – Welche Teilpläne kann er enthalten?

In vielen Projekten ist es unverzichtbar, die Projektplanung und die weitere -umsetzung ausreichend zu dokumentieren. In jedem Fall sollte die Formel gelten: „Soviel Dokumentation wie nötig, nicht soviel wie möglich.“ Ich möchte hier also nicht einen Planungs- und Dokumentations-Overkill propagieren, sondern vielmehr aufzeigen, aus welchen Bestandteilen ein Projektplan in der Maximalvariante bestehen kann.

Logischerweise stehen die verschiedenen Teilpläne auch in unmittelbarer Verbindung zu den jeweiligen Planungsschritten und -methoden. Hier der Überblick:

In manchen Unternehmen werden die verschiedenen Teilpläne zu einem so genannten „Projekthandbuch“ zusammen gefasst. Dieses wird dann über den gesamten Projektverlauf gepflegt und aktualisiert. Diese Methode hat den Vorteil, dass Projekte sauber und vor allem einheitlich dokumentiert werden. Auf der anderen Seite ist das Instrumentarium aber auch relativ starr, da Änderungen immer einen relativ großen administrativen Aufwand auslösen.

Ich persönlich bevorzuge die flexible Variante mit einzelnen Teilplänen, die für das jeweilige Projekt sinnvoll zusammen gestellt werden. Und: Wenn eine PM-Software zum Einsatz kommt, werden viele dieser Pläne durch die Software ersetzt.

PS: Ich habe vor längerer Zeit schon mal über dieses Thema gebloggt. Allerdings habe ich die Übersicht von damals etwas ergänzt und aktualisiert.

Projekthandbuch für Kleinprojekte

Für eine strukturierte Abwicklung studentischer Projekte in den Bereichen Logistik, Life Cycle Management, Innovationsmanagement etc. verwenden wir an der FH Vorarlberg schon seit einigen Jahren so genannte „Projekthandbücher“ (kurz PHB). Laut DIN 69905 ist ein PHB die „Zusammenstellung von Informationen und Regelungen, die für die Planung und Durchführung eines bestimmten Projekts gelten sollen.“

Als Grundlage für das FHV-Projekthandbuch diente die Version von „Projekt Management Austria (pma)“, die man kostenlos im Internet herunter laden kann.

Obwohl die Deutsche Industrienorm den Begriff Projekthandbuch relativ klar definiert, herrscht meines Erachtens in der Praxis ein teilweise unterschiedliches Begriffsverständnis vor. Denn gerade in Österreich werden Projekthandbücher (häufig auf Basis einer spezifischen Vorlage) verwendet, um eine einheitliche Methodik und Vorgehensweise in das unternehmensweite Projektmanagement zu bekommen. Das Projekthandbuch deckt dann alle wesentlichen Schritte zur Planung und zum weiteren Controlling eines Projekts ab. Durch ein sauber geführtes Änderungsverzeichnis kann so später relativ gut nachvollzogen werden, wie sich ein Projekt entwickelt hat.

Projekthandbücher haben natürlich Vor- und Nachteile. Einen der wichtigsten Vorteile sehe ich persönlich darin, dass man mit einem Projekthandbuch relativ einfach eine einheitliche Sprache und Systematik in das Projektmanagement eines Unternehmens bringen kann. Dies kann gerade bei kleineren Organisationen und KMU eine effektive Implementierungsstrategie darstellen. Ein erheblicher Nachteil hingegen ist das etwas aufwändige „Handling“ eines Projekthandbuches. Gerade auch dann, wenn es in Form eines Word-Dokuments geführt wird.

In jedem Fall würde ich aber empfehlen, eine PHB-Vorlage nur als Orientierung zu sehen, die flexibel erweitert und adaptiert werden kann (z.B. durch XLS-Tabellen, MindMaps, grafische Darstellungen, Balkenpläne etc.).

Hier können Sie die aktuelle Vorlage für studentische Kleinprojekte an der FH Vorarlberg  herunter laden (DOC-File). Über Feedback und Optimierungsvorschläge würde ich mich sehr freuen!