Blitzumfrage 20: Projektprozesse und Vorgehensmodelle

Zur Erläuterung:

Projektprozesse bringen Ordnung ins Projektmanagement – Wenn man’s richtig angeht…

Die Termini „Prozess“ und „Projekt“ gehören zum tagtäglichen Vokabular in Unternehmen. Dahinter stehen zwei Managementdisziplinen:

  • (Geschäfts)Prozessmanagement
  • Projektmanagement

Beide Disziplinen haben Gemeinsamkeiten aber auch wesentliche Unterschiede.

Vereinfacht ausgedrückt geht es im Prozessmanagement darum, Tätigkeiten in Unternehmen möglichst weitgehend zu standardisieren – mit dem Ziel, die Effzienz und Effektivität der betrieblichen Wertschöpfung direkt oder indirekt zu steigern. Prozesse im Sinne des Prozessmanagements wiederholen sich kontinuierlich. Denken Sie beispielsweise an den Auftragsabwicklungsprozess bei Amazon, ein meines Erachtens exzellentes Beispiel für einen stardardisierten und dadurch hocheffizienten Prozess.

Projektmanagement hingegen ist eine Arbeits- und Organisationsform zur Bewältigung komplexer und neuartiger Aufgabenstellungen. Projekte sind – in der Theorie zumindest – im Gegensatz zu Prozessen nicht wiederkehrend sondern einmalig. Aber das ist nur die halbe Wahrheit, denn selbstverständlich können Projekte in Unternehmen auch einen Routinecharakter haben. Denken Sie beispielsweise an Softwareentwicklungsunternehmen, die bestimmte IT Projekte immer wieder durchführen, mit einem teilweise erheblichen Standardisierungsgrad. Und trotzdem sind es Projekte, die auch projektmäßig geführt werden müssen.

Halten wir fest: Bestimmte Projekte können bis zu einem gewissen (sinnvollen) Ausmaß standardisiert werden, nämlich über PROJEKTPROZESSE. Vereinfacht kann man diesen Zusammenhang wie folgt darstellen:

projektprozesse_pmblog

Nach der DIN 69904 wird ein Projektprozess wie folgt definiert: „Prozess, der unmittelbar die Erzielung von Projektergebnissen bewirkt.“ (siehe auch Definition im PM Glossar des Projektmagazins)

Ich möchte diese Definition mit eigenen Worten folgendermaßen ergänzen:

  • Projektprozesse sind standardisierte Vorgehensmodelle für bestimmte Projektarten, die in Unternehmen wiederkehrend sind.
  • Projektprozesse machen in jenen Bereichen besonders viel Sinn, wo Projekte häufig wiederkehrend sind. Beispiele: Produktentwicklung (z.B. Stage-Gate-Prozess), Softwareentwicklung (RUP, CMMi, XP, V-Modell…) und IT-Projektmanagement sowie im Bauprojektmanagement
  • Mindestkriterien für Projektprozesse sind:
  • Projektprozesse sollten IMMER den Gegebenheiten des jeweiligen Projekts angepasst werden. Ein zwanghaftes und bürokratisches Abhandeln eines Projektprozesses ist in der Regel völlig kontraproduktiv.
  • Projektprozesse sollten möglichst schlank und unbürokratisch sein. Häufig reicht schon eine übersichtliche Darstellung oder ein DIN A4 Blatt mit entsprechenden Stichpunkten.
  • Sobald ein Projektprozess sehr differenziert vorgegeben werden kann, solltet Ihr Euch fragen, ob Ihr es nicht schon mit einem (Geschäfts)Prozess zu tun habt.

Fazit: Projektprozesse können eine einheitliche Struktur und Systematik in die Initiierung, Planung, Steuerung und Abwicklung von Projekten bringen. Das steigert die Effizienz und Effektivität im Projekt. Die Gefahr besteht jedoch darin, dass diese Vorteile durch eine „Über-Standardisierung“ und Unflexibilität in der Anwendung wieder zu Nichte gemacht werden.

Prozessorientierung im Projektmanagement

Ein prozessorientiertes Verständnis von Projektmanagement ist mittlerweile anerkannter „State-of-the-Art“. Generell können wir zwischen

  • sequenziellen und
  • iterativen (sprich rollierenden) Prozessmodellen

unterscheiden.

Sequenzielle Prozessmodelle (wie z.B. Stage-Gate) haben den zentralen Vorteil, dass Sie eine klare und stabile Struktur ins Projekt bringen, insbesondere durch messbare Meilensteine (Gates, Stop-or-Go-Punkte etc.). Diese Vorgehensmodelle haben sich gerade in der Produktentwicklung und im Innovationsbereich bewährt.

Iterative Prozessmodelle kommen häufig in „agilen PM-Ansätzen“ vor (insbesondere in der Softwareentwicklung). Sie wiederum haben den Vorteil, dass sie rasches und gezieltes (Re)Agieren ermöglichen, dies ist gerade in hochkomplexen und schwer planbaren Projekten von Vorteil.

Bei den Schröder Consultants habe ich ein interessantes Prozess-/Vorgehensmodell gefunden, welches ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:

Der PM Prozess nach PMI

Ein Projektmanagement Prozess ist nach DIN 69 904 ein „Prozess zur Planung, Überwachung und Steuerung von Projektprozessen.“ Aber was heißt das konkret?

Auf diese Frage gibt es keine einheitliche Antwort. Der PM Prozess wird von allen Autoren, Experten und teilweise auch von Normungsinstitutionen und Verbänden unterschiedlich definiert. Einmal wird der PM Prozess als sequenzielles Ablauf- und Phasenmodell verstanden, dann als Vorgehensmodell für eine bestimmte Projektart (wie z.B. ein IT Projekt) und dann wieder als iterativer (sprich wiederkehrender) Managementprozess für Projekte. Die letztgenannte Definition ist meines Erachtens die Richtige. Denn:

  • Auch das PMI

Projektmanagement Methodik – die Logik des Vorgehens

Häufig kann man in Fachbüchern oder auch Artikeln zum Thema Projektmanagement die Wortkombination „die Methode Projektmanagement“ oder auch „Projektmanagement als Methode“ lesen. Dies ist meines Erachtens nicht ganz korrekt.

Denn Projektmanagement ist keine Methode, sondern eine Methodik. Und eine Methodik wiederum kann wie folgt definiert werden (Keßler/Winkelhofer 2004, S. 176):

Eine Methodik ist eine festgelegte Arbeitsweise, die Modelle, Standards, Methoden, Verfahren, Instrument, Hilfsmittel, Prozeduren und Regeln enthält.

(Grafik basierend auf Keßler/Winkelhofer 2004, S. 175)

Eine Methode ist entsprechend „nur“ ein Teil einer Methodik. Die Methodik ist somit die Logik des Vorgehens oder auch die Systematik in einem oder auch in mehreren Projekten.

Ist das überhaupt für die Praxis wichtig – oder nur eine sinnlose Diskussion von Theoretikern? Ich finde, dass diese Diskussion für die Praxis sehr wohl relevant ist. Denn erfolgreiches Projektmanagement in der Praxis hängt wesentlich von der Wahl der richtigen sprich geeigneten Methodik ab. Und hierbei ist wichtig klarzustellen, dass es DIE richtig Methodik nicht gibt. Vielmehr muss man für den jeweiligen Anwendungsfall eine geeignete Methodik finden bzw. sie sich zurecht legen.

Aber was ist eine PM Methodik konkret? Für mich besteht eine moderne PM Methodik insbesondere aus folgenden Bausteinen:

1) Einheitlicher Projektmanagement Prozess
2) Projektprozesse und Vorgehensmodelle
3) Methoden, Instrumente, Tools, Checklisten etc. im Detail

Der Projektmanagement Prozess ist der generelle, übergeordnete Managementprozess für Projekte. In der Literatur findet man hierzu unterschiedliche Modelle. Ich bevorzuge das Modell der „Project Management Process Groups“ nach PMI: Initiating, Planning, Executing, Controlling & Monitoring, Closing. In jedem Fall sollte ein PM Prozessmodell auf einem dynamisch-iterativen Verständnis von Projektmanagement beruhen (sprich rollierende, sich wiederholende Prozesse).

Die Projektprozesse / Vorgehensmodelle werden für spezifische Projektarten definiert. So macht es beispielsweise Sinn, für IT-Projekte, Bauprojekte, Produktentwicklungsprojekte etc. möglichst sinnvolle Projektprozesse zu definieren. Diese bestehen im Wesentlichen aus standardisierten Phasen, die durch Meilensteine (Stop-or-Go-Punkte) abgeschlossen werden. Beispiele für Projektprozesse / Vorgehensmodelle, die häufig angewendet werden: Wasserfallmodell, Stage-Gate-Modelle, Rational Unified Process (RUP), HOAI-Phasen etc.

An die PM-Prozesse und Projektprozesse werden schlussendlich die konkreten Methoden, Instrumente, Hilfsmittel etc. „angehängt“.

Ergänzt um weitere firmenspezifische Regelungen und relevante Informationen kann die PM Methodik dann in einem firmen- oder bereichsspezifischen PM Handbuch, einem PM Wiki oder auch einem PM Portal festgehalten werden. Eigentlich egal, wo und wie sie die Methodik festhalten, Hauptsache sie ist dokumentiert, pragmatisch, sinnvoll, verständlich und mit den Betroffenen abgestimmt.

Modernes Projektmanagement ist pragmatisch, prozessorientiert, systematisch und kommunikationsgetrieben.