Risikoprozess in Projekten

In komplexen Projekten kann viel schief gehen. Schlimmer noch: Frei nach Murphys Gesetz geht häufig (fast) alles schief, was schief gehen kann. Umso wichtiger ist es, Projektrisiken AKTIV zu identifizieren, zu bewerten und systematisch zu bearbeiten.

Der aktuelle Newsletter des „Risk Doctor“ Dr. David Hillson hat mich dazu inspiriert, mal einen einfachen Risikoprozess zu skizzieren. Hier das Ergebnis:

Gutes Risikomanagement ist – gleich wie gutes Projektmanagement – kommunikationsgetrieben und pragmatisch. Damit ist gemeint, dass die einzelnen Schritte getragen sein sollten von einer intensiven Kommunikation und Diskussion im Team.

Übrigens: Auch intuitive Risikobewertungen durch die Beteiligten sollten zulässig und sogar erwünscht sein! Hierzu eine kurze Geschichte:

Neulich hatte ich die Gelegenheit, das Projektmanagement bei den Bregenzer Festspielen im Rahmen einer Führung vorgestellt zu bekommen. Wie man sich vorstellen kann, sind derartige Großveranstaltungen in der Planung und Organisation höchst anspruchsvoll – und auch riskant. Der technische Projektleiter beschrieb den Umgang mit Risiken (sinngemäß) folgendermaßen: „Ich möchte, dass sich das schlechte Bauchgefühl auf das gesamte Team verteilt. Alle Beteiligten sind mitverantwortlich, Risiken zu erkennen, zu spüren, aktiv zu kommunizieren und zu bekämpfen.“

Diese Beschreibung hat mir ausgezeichnet gefallen – denn genau darum geht es. Es ist eine Illusion, dass ein/e Projektleiter/in alle Risiken wahrnehmen kann. Vielmehr liegt das Wissen und die Erfahrung im Umgang mit diversen Projektrisiken bei den einzelnen Teammitgliedern. Ziel muss es also sein, die Verantwortung für das Risikomanagement ein Stück weit auf alle Beteiligten zu verlagern. Nur so können komplexe Projekte gelingen.

Zurück zum Risikoprozess. Der Umgang mit Risiken verfolgt eine gewisse Logik, die in der obigen Darstellung hoffentlich ersichtlich wird. Gleichzeitig ist das Risikomanagement ein kontinuierlicher Prozess, welcher sich über das gesamte Projekt erstreckt. In diesem Sinne –  happy risk management 😉

Meta-Sprache für das Risikomanagement

Der professionelle und pro-aktive Umgang mit Risiken (= Unsicherheiten) in Projekten ist ein absolut erfolgskritischer Faktor. Denn schlussendlich geht’s im Projektmanagement immer wieder um die Minimierung/Eliminierung von Gefahren und das Ausnutzen von Chancen. Denn ein Risiko kann immer Gefahr und/oder Chance für den Projekterfolg bedeuten (wie ich hier schon mal etwas ausführlicher beschrieben hatte).

Dr. David Hillson, PMP, ist ein anerkannter internationaler Experte im Bereich (Project) Risk Management. Mit der – wie ich finde recht witzigen – Marke „Risk Doctor“ ist er bereits seit vielen Jahren als Berater, Trainer und Coach erfolgreich unterwegs. Unter anderem publiziert er auch einen regelmäßigen Newsletter – das Risk Doctor Briefing. Für Deutschsprachige besonders wichtig und wertvoll: der Newsletter wird auch ins Deutsche übersetzt (von Thomas Wuttke, PMP).

Im aktuellen Risk Doctor Briefing schreibt Dr. Hillson über die Bedeutung einer möglichst unmissverständlichen und eindeutigen Beschreibung von Risiken. Dem kann ich nur vollinhaltlich zustimmen! Dem Grundsatz der eindeutigen Klärung von Begriffen und Fakten möchte ich noch folgendes hinzufügen: Klarheit in der Sprache führt zu Klarheit im Denken führt zu Klarheit im Handeln. Darum geht’s immer wieder – nicht nur in Projekten sondern in ganz vielen Lebensbereichen.

Genau deshalb plädiert Dr. Hillson für die Einführung einer „Risiko-Metasprache“. Damit meint er, dass Risiken in Projekten immer auf dieselbe Weise beschrieben werden sollten. Seine Metasprache enthält drei Elemente bzw. Stufen:

  1. Ursachen sind definitive Fakten, die jetzt existieren oder zukünftig auftreten können. Ursachen sind nicht grundsätzlich unsicher, aber sie können Unsicherheiten, nämlich Risiken auslösen.
  2. Risiken wiederum sind Beschreibungen von (technischen, kommerziellen etc.) Unsicherheiten oder auch fehlerhaftem Verhalten.
  3. Auswirkungen schlussendlich beschreiben die konkreten (negativen oder auch positiven) Konsequenzen, die mit dem Eintritt des Risikos verbunden sein können. Auswirkungen betreffen idR Projektbereiche wie Zeit, Kosten, Qualität, Leistung, Sicherheit, Umwelt etc.

Hillson nennt folgendes Beispiel:

Wir sind besorgt, weil unsere Firma für ein innovatives Projekt keine entsprechende Erfahrung besitzt. Risiko-Metasprache hilft, diesen Sachverhalt weiterzuentwickeln:

Risiken = Chancen ODER Gefahren

Ich habe diesen Artikel aus 2007 nochmals etwas überarbeitet:

risiko_chance.jpg

Richard von Weizsäcker, ehemaliger Bundespräsident, sagte einmal:

„Wir sollten von den Chinesen lernen – die haben das gleiche Schriftzeichen für Krise und Chance.“

Nicht nur in diesem Punkt können wir von der asiatischen und buddhistischen Kultur lernen. Denn hier wurde ein Risiko immer schon als negative Gefahr und positive Chance verstanden.

Und auch auf Wikipedia wird der Risikobegriff auf ähnliche Art und Weise definiert:

„Ein Risiko ist die kalkulierte Prognose eines möglichen Schadens bzw. Verlustes im negativen Fall (Gefahr) oder eines möglichen Nutzens bzw. Gewinns im positiven Fall (Chance).“

Und was bedeutet das für die Projektleiter-Praxis? Wir sollten in Projekten (und auch anderswo) immer ein kombiniertes Chancen- und Risikomanagement betreiben. Denn Risiken sind in der Regel nichts anderes als Unsicherheiten (= uncertainty), die wie ein Pendel in beide Richtungen ausschlagen können.

Hier noch einige ergänzende Infos und Links:

(Project) Risk Management – Nützliche Links und Tools

riskdoctor.jpg

Cosmo hat kürzlich in einem Kommentar nachgefragt, ob im kostenlosen PM-Tool OpenProj auch ein Modul für Risikomanagement integriert ist. Leider lautet die Antwort darauf „Nein“. Ich habe zumindest bisher noch keine RM-Funktionalität gefunden.

Diese Frage habe ich aber zum Anlass genommen, einige nützliche Ressourcen zum Thema (Project) Risk Management zusammen zu suchen.

1) Risk Management Tools

Beim „Risk Doctor“, Dr. David Hillson, habe ich zwei Listen mit RM Tools gefunden – eine von der Risk Management SIG (Specific Interest Group) der APM (The Association for Project Management) und eine von der Risk Management SIG von PMI (Project Management Institute):

pdf2.gifAPM Risk SIG tools list

PMI Risk SIG tools list

In den beiden Listen sind so ziemlich alle Produkte und Hersteller enthalten, die im Bereich RM Rang und Namen haben. Zugegebenermaßen handelt es sich aber meist um recht umfangreiche und teilweise auch teure Profi-Lösungen.

2) Risk Management Links

Bereits seit einigen Jahren ist Dr. David Hillson im Bereich Risk Management sehr erfolgreich als Berater, Referent und Experte unterwegs. Den RM-Interessierten empfehle ich einerseits, seinen Newsletter zu abonnieren und andererseits seine Link-Empfehlungen. Wirklich gut!

3) Risikomanagement Informationssysteme (RMIS)

Wenn für Ihr Unternehmen die Einführung eines unternehmensweiten Risikomanagement Informationssystems in Frage kommt, dann empfehle ich dieses White Paper von Dr. Roland F. Erben und Frank Romeike:

pdf2.gifRisk-Management-Informationssysteme: Potentiale einer umfassenden IT-Unterstützung des Risk Managements

4) (Hervorragendes) Praxisbeispiel: Risikomanagement in der Automobilindustrie (BMW)

pdf2.gifRouven Enz (2006): Risikomanagement in ERP-Projekten (429 KB)

5) Pragmatisches Excel-Tool

Risikoinventar und Risikomatrix von Thorsten Müller (PMBS Unternehmensberatung)

Viel Spaß beim Risiken-Bekämpfen und Chancen-Ausnützen 🙂

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"RUP – Rational Unified Process" in der Praxis

Die objektorientierte Projektmanagement Methodik „Rational Unified Process“ von Rational Software (seit 2003 eine Division von IBM) wird im IT Projektmanagement sehr häufig angewendet. Zu Recht! Denn das Vorgehensmodell und die dahinter stehende Philosophie ist nach wie vor absolut „state of the art“.

Die mehrdimensionale Systematik des RUP Modells kann übrigens auch hervorragend auf andere Projektarten übertragen werden.

Kürzlich habe ich ein kostenloses White Paper der IT Firma „eFORCE Global, Inc.“ entdeckt, das ein aus meiner Sicht hervorragendes Beispiel einer konkreten Umsetzung des RUP Modells (wie auch des PMBOK von PMI

Net present value (NPV): Wirtschaftlichkeit von Projekten berechnen

Eine Investition ist der Einsatz von Finanzmitteln mit der Absicht Gewinn zu erzielen. Aus der Sicht des Auftraggebers ist damit auch jedes Projekt eine Investition, da er die Kosten des Projekts tragen muss.“ (PM Glossar des Projektmagazins)

Am Beginn eines Projeks sollte deshalb der quantiative (= Wirtschaftlichkeit) oder der qualitative Nutzen (= Outcome/Impact) geplant werden. „Net Present Value (NPV)“ ist eine empfehlenswerte Methode der Wirtschaftlichkeitsberechnung von Projekten – insbesondere im Bereich Innovation und Produktentwicklung. NPV-Definition des PM Glossars:

Der Net Present Value ist eine finanzielle Kennzahl, die zukünftige Erträge eines Vorhabens auf den aktuellen Zeitpunkt umrechnet. Durch die Berechnung dieses hypothetischen Wertes wird ein Vergleich verschiedener Szenarien oder Vorhaben hinsichtlich ihres wirtschaftlichen Ertrages möglich. In die Ermittlung des Net Present Value gehen die Prognosen über Kosten und Erlöse ein, er ist somit abhängig vom betrachteten Business Case. Ebenso werden die Investitionen abgeschrieben und die Erträge auf den heutigen Zeitpunkt diskontiert.

Hier finden Sie eine NPV-Vorlage in Excel-Format:

NPV_Example_startup_euregio.xls

Interpretation (Quelle: Wikipedia):

Eine Investition ist absolut vorteilhaft, wenn ihr Kapitalwert (=NPV) nicht negativ ist.

  1. Kapitalwert = 0: Der Investor erhält sein eingesetztes Kapital zurück und eine Verzinsung der ausstehenden Beträge in Höhe des Kalkulationszinssatzes. Die Investition hat keinen Vorteil gegenüber der Anlage am Kapitalmarkt zum gleichen (risikoäquivalenten) Zinssatz. An dieser Stelle befindet sich der interne Zinsfuß.
  2. Kapitalwert > 0: Der Investor erhält sein eingesetztes Kapital zurück und eine Verzinsung der ausstehenden Beträge, die den Kalkulationszinssatz übersteigen.
  3. Kapitalwert < 0: Die Investition kann eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals zum Kalkulationszinssatz nicht gewährleisten.

Werden mehrere sich gegenseitig ausschließende Investitionsalternativen verglichen, so ist die mit dem größten Kapitalwert die relativ vorteilhafteste. Weiterhin ist es möglich, die Kapitalwerte verschiedener sich nicht gegenseitig ausschließender Investitionen mit unterschiedlichen Kalkulationszinssätzen aufzusummieren, da es sich um ein additives Verfahren handelt.

Festlegung eines entsprechenden Zinssatzes (Quelle: Wikipedia EN):

Choosing an appropriate discount rate is crucial to the NPV calculation. A good practice of choosing the discount rate is to decide the rate which the capital needed for the project could return if invested in an alternative venture. If, for example, the capital required for Project A can earn five percent elsewhere, use this discount rate in the NPV calculation to allow a direct comparison to be made between Project A and the alternative. Obviously, NPV value obtained using variable discount rates with the years of the investment duration better reflects the real situation than that calculated from a constant discount rate for the entire investment duration.

Eine NPV-Berechnung sollte einen fixen Bestandteil eines jeden (Produkt)Entwicklungsprojekts darstellen.

FMEA Methode im Projektmanagement

Bei Jahooda (Plattform für Prozess- und Projektmanagement) finden Sie heute einen sehr interessanten und vor allem hilfreichen Beitrag zur FMEA-Methode.

Insbesondere die Excel-Vorlage, die Patrick Fritz zum KOSTENLOSEN Download anbietet, ist „allererste Sahne“.

Die FMEA-Methode ist in Projekten vor allem in den Bereichen Qualitätssicherung und Risikomanagement einsetzbar. Weitere Infos: