Diese Woche war ich wieder als externer Lehrbeauftragter an der FH Vorarlberg tätig. Unter anderem habe ich mit angehenden Mediengestalter/innen (5. Semester) das Thema „Unternehmensführung und -strategien“ erarbeitet. Zugegebenermaßen war es nicht ganz einfach, die 45 kreativen Köpfe für diese Materie zu begeistern interessieren.
Unter anderem haben wir auch „Projektmanagement in der Kreativwirtschaft gestreift“. Hier meine persönlichen Thesen hierzu:
These 1: Die meisten kreativen Berufe (Werber, Web-Designer, Grafiker, Mediengestalter…) arbeiten stark projektorientiert – der Großteil der Wertschöpfung wird in Projekten erbracht. Trotzdem legen sie in der Praxis oft nur wenig Wert auf systematisches Projektmanagement. Typische Vorurteile sind:
- Planung ist sinnlos, denn es kommt eh immer anders.
- Projektmanagement behindert meine Kreativität.
- Der Weg ist das Ziel.
These 2: Kreative, die Projektmanagement sinnvoll und pragmatisch einsetzen, arbeiten um ein Vielfaches effizienter UND effektiver. Dadurch kann die Kundenzufriedenheit erhöht werden.
These 3: Wahre Professionalität in kreativen Berufen zeichnet sich dadurch aus, höchst kreative und innovative Lösungen hervor zu bringen und den Arbeitsprozess trotzdem (oder gerade deswegen) sauber zu strukturieren, zu kontrollieren und zu dokumentieren.
These 4: Messbare Zielsetzungen und Kreativität sind kein Widerspruch. Jedes Kreativprojekt braucht klare und vor allem messbare Ziele. Eine aus meiner sicht geeignete Zielsetzungs-Systematik für Kreativprojekte sieht wie folgt aus:
- Output: Welche konkreten Ergebnisse / Produkte sind zu erstellen? –> Werbespot, Kunstwerk, Logo etc.
- Outcome: Welchen unmittelbaren Nutzen erwartet sich der Auftraggeber? –> Umsatzsteigerungen, höhere Kundenzufriedenheit, Marktanteile etc.
- Impact: Welchen Beitrag zur Erreichung der strategischen Unternehmensziele leistet das Projekt? –> Wachstum, klare Positionierung am Markt etc.
Wenn Ziele für Kreativprojekte auf diese oder ähnliche Art und Weise geplant werden, dann wird für alle Beteiligten unmissverständlich klar, dass es im Kern um die Erreichung der Kundenziele – in der Regel um die Maximierung des Kundenerfolgs geht. Wenn sich die Kreativen dabei auch noch selbst verwirklichen können – umso besser. Aber dieses Ziel steht nicht im Vordergrund 🙂
These 5: Kreative müssen ihre Auftraggeber professionell beraten und von Zeit zu Zeit auch disziplinieren. Denn Auftraggeber können meist nicht abschätzen, welche Konsequenzen vermeintlich „kleine Änderungen“ für die Arbeit der Kreativen haben. Umso mehr ist es sehr wichtig, sich schrittweise und iterativ an eine für beide Seiten gute Lösung heran zu tasten. Beispielsweise so:
- Beispiele sammeln und gemeinsam besprechen –> Was ist gut, was ist schlecht? Warum?
- Erstes Briefing-Gespräch: Der Kunde beschreibt seine Ziele, Anforderungen und Vorstellungen. Der Kreative versucht, die Punkte möglichst lückenlos aufzunehmen.
- Erstes Grobkonzept mit möglichst vielen (> 10) Grob-Entwürfen – äquivalent Rapid Prototyping. Der Kreative versucht, möglichst wenig Zeit für die einzelnen Entwürfe aufzuwenden.
- Re-Briefing: Besprechung des Grobkonzepts und der Entwürfe. In welche Richtung könnte es gehen?
- Die Punkte 3 und 4 werden mehrere Male wiederholt. Die Anzahl der Entwürfe sinkt bei jedem Durchlauf, der Kreative arbeitet erst an der Detaillösung, wenn für beide Seiten klar ist, dass die Lösung funktioniert und den Zielsetzungen entspricht.
Abschließende Bemerkung: Unser Leben besteht immer mehr aus Widersprüchen, Spannungsfelder und Paradoxien.
- Komplexität vs. Einfachheit.
- Null-Fehler-Prinzip vs. Zeitdruck.
- Flexibilität vs. Standards.
- Kreativität vs. Struktur.
- etc. etc.
Wirksame und erfolgreiche Menschen können mit diesen Widersprüchen umgehen und sind vor allem offen dafür, ihre mentalen Landkarten laufend zu hinterfragen und gegebenenfalls zu adaptieren.